Anna, was ist Bananenweizen?

Meine Freundin Anna ist eine fabelhaft witzige, beneidenswert kluge, schamlos ehrliche und 100%-abenteuerlustige, junge Frau, die ich vor zwei Jahren in der Schwimmbadumkleide kennengelernt habe.
Sie hinterfragt Dinge, die „man halt so macht“ und reagiert nie so, wie ich es erwarten würde. Ich mag diese Eigenschaften sehr an ihr und ganz besonders die Leichtigkeit und Lebensfreude, mit der sie durchs Leben geht! Anna hat polnische Wurzeln und anlässlich unserer AP-Serie “Fest verwurzelt oder umgetopft?” sprach ich mit ihr über ihre Heimat.

Anna, wo fühlst du dich beheimatet?

Geopolitisch betrachtet ist meine Heimat in Polen und Deutschland zugleich. Ich habe zwei Pässe und Familie in beiden Ländern. Dennoch habe ich die meiste Zeit meines Lebens in Deutschland gewohnt.

Bist du deutsch oder polnisch?

Nun ja, meine Mama kommt aus Heidelberg und mein Papa aus Polen. Als ihr Kind bin ich also Polin und Deutsche zugleich und habe für beide Länder einen Pass erhalten. Ich spreche auch beide Sprachen, weil meine Eltern mich zweisprachig erzogen haben. Dennoch bin ich in Deutschland (Baden-Württemberg) aufgewachsen und habe dort bis zu meinem 18. Lebensjahr gelebt. Nach meinem Abi bin ich für drei Jahre nach Polen gezogen, um dort zu studieren und zu arbeiten. Jetzt lebe ich aber wieder in Deutschland und will auch erstmal hier bleiben, um mein zweites Studium zu beenden.

Wie haben sich deine Eltern kennengelernt?

Als meine Eltern sich kennenlernten, konnten sie die Sprache des jeweils anderen nur wenig verstehen und so lernte meine Mama heimlich Polnisch in einem Abendkurs an der VHS. Die Eltern meiner Mama waren zuerst gegen die Beziehung, weil sie vermutlich Angst vor der fremden Kultur hatten (obwohl Polen und Deutschland ja Nachbarländer sind). Aber als ich auf die Welt kam, fanden sie mich so süß, dass die Herkunft meines Vaters nicht mehr wichtig war.

Was bedeutet Heimat für dich? 

Meine Heimat bleiben immer Deutschland und Polen zugleich. Das wird sich auch nie ändern. Ich sehe darin keinerlei Widerspruch, sich in zwei Ländern beheimatet zu fühlen. Ich komme nun einmal aus zwei Ländern gleichzeitig und fühle mich beiden zugehörig.
Heimat ist, meiner Meinung nach, ein sehr dehnbarer und sehr individueller Begriff. Ich denke, mit der Frage nach seiner Heimat beschäftigt sich jeder Mensch in seinem Leben.

Was verbindest du mit Heimat? 

Meine Sprache. Ich liebe die deutsche und die polnische Sprache und beide sind auch Teil meiner Identität. Sie helfen mir, die Welt zu erfahren. Aber natürlich auch die Menschen, die ich liebe.

Was magst du an Deutschland?

Ich liebe die Backkultur. Brot und Frühstück. Ein Traum. Und den Fokus auf Bildung in unserem Land. Das ist echt ein Privileg. Ich feier auch Nachhaltigkeit als ein gesellschaftliches Leitprinzip, Freibäder in fast jeder Stadt, Höflichkeit im Umgang mit anderen, Radler trinken in der Öffentlichkeit und selbst die „local patriots“ hier. Über die kann ich nur schmunzeln. 

Was magst du an Polen?

Die Natur, coole junge Start-Ups, das bargeldlose Bezahlen, das überall möglich ist (auch bei Kleinbeträgen), polnische Literatur und die polnische Kultur.

Was vermisst du an Polen, wenn du in Deutschland bist? 

Meine Familie! Die ist sehr groß. An Weihnachten haben wir mit über 10 Kleinkindern gefeiert. Die machen immer richtig viel Chaos und das feier ich sehr.
Außerdem vermisse ich die Lagerfeuerabende dort. Da sitzen wir alle zusammen, jeder bringt unfassbar viel leckeres Essen mit und gemeinsam schauen wir zu, wie die Sonne über dem Feld untergeht.
(Aber das kann ich ja immer wieder erleben, wenn ich dort zu Besuch bin.) 

Stört dich auch was an Polen?

Die Polen neigen dazu, über alle möglichen Themen in dramatische Debatten zu verfallen und sich darüber zu streiten. (Aber damit will ich natürlich keine Menschen in Schubladen stecken…)

Kann heute noch ein neuer Ort für dich zur „Heimat“ werden? 

Ich denke nicht. Meine Heimat hängt stark von meiner geografischen Herkunft und meinen familiären Wurzeln ab. Mein Zuhause jedoch kann variieren. Um mich an einem neuen Ort wohl zu fühlen, brauche ich nur meinen Rucksack, eine Cola Zero und natürlich Liebe. Das gibt´s (hoffentlich) überall auf der Welt.

Und ich glaube, dass ich eines Tages meine wirkliche Heimat sehen und erkunden werde. Die, die ich aufgrund meines Glaubens habe. Ich bin mir sicher, dass mich meine Heimat bei Gott eines Tages mehr zum Staunen bringen wird, als irgendetwas es bisher gemacht hat.

Zum Schluss, Anna, was ist „Bananenweizen“?

Ich habe einen lustigen Begriff erfunden, den ich verwende, wenn eine Situation extrem sozial verklemmt, kontrolliert geradlinig, steif, überorganisiert oder sehr bürokratisch ist. Dann sage ich, dass das echt „Bananenweizen“ ist. Bananenweizen ist nicht unbedingt schlecht. Nur eine Beschreibung, ein Überbegriff, der einfach alles umfasst, was ich in diesen Situationen wahrnehme. Bananenweizen kann auch sehr sinnvoll sein. Jeder der mich kennt, weiß, dass eine Portion Bananenweizen gar nicht schlecht für mich wäre.

Kommentar verfassen