Der Friedhof der jungen Leute

»Facebook ist der Friedhof der jungen Leute.« Das hat meine Oma einmal gesagt. Damit meinte sie nicht, dass auf Facebook in irgendeiner Form Menschen vergraben werden. (Auch wenn im Jahre 2070 vermutlich mehr Tote als lebende Menschen auf Facebook angemeldet sein werden [1] ) Meine Oma meinte etwas ganz anderes. Und diesen Aspekt finde ich viel interessanter. Der Friedhof war früher der große Sammelplatz in unserem Dorf. Dort bekam man den neuesten Dorftratsch mit. Wer bandelt gerade mit wem an? Wer ist gerade schwanger? Wie kommt der Nachbar auf einmal zu so viel Geld? Facebook ist Dorftratsch – nur mit der ganzen Welt.

Wie meine Oma ziemlich präzise festgestellt hat, findet heutzutage ein großer Teil unseres alltäglichen Lebens im Internet und nicht mehr auf dem Dorfplatz statt. Auch sie konnte sich dieser digitalen Welt nicht ewig entziehen. Über WhatsApp organisiert sie mit Freunden ihren Sommerurlaub und auf Pinterest tauscht sie mit wildfremden Menschen Kuchenrezepte aus. Das Internet ist für sie kein “Neuland” mehr.

Doch dieses »Neuland« und was damit zusammenhängt, steht in unserer Zeit stark in der Kritik. Wie Greta es in ihrem Beitrag auch schon deutlich gemacht hat, stehen wir unter ständigem Druck. Wir wollen (oder fühlen uns sogar dazu gedrängt) ständig erreichbar zu sein. Den Moment, den wir jetzt gerade erleben, können wir kaum noch genießen. 
Das Thema »Fake News« beherrscht die Nachrichtenlandschaft. Das Internet ist voll von wütenden Tweets. In den Kommentarspalten werfen sich Menschen Worte an den Kopf, die ich mich niemals trauen würde, auszusprechen.

Trotzdem fahre ich jede Woche in die Uni, um einen Bachelor in »Online Medien« zu machen. Warum um alles in der Welt, verbringe ich so viel Zeit mit etwas, das doch so düster und unmenschlich erscheint?

Oft bin ich mir gar nicht mehr bewusst, in wie vielen Bereichen meines Lebens dieses Medium mittlerweile Einzug gehalten hat. Ein Blick in die Vergangenheit hilft dabei ganz gut. Als Kind habe ich in Nepal gelebt. Kontakt nach Deutschland hatten wir nur selten. Es war einfach unglaublich teuer, zu telefonieren. Mit jeder Minute wuchs die Telefonrechnung. Deshalb beschränkte man sich beim Reden auf das Wesentliche. Viele Jahre später, als ich wieder in Deutschland war, gab es in Nepal ein starkes Erdbeben. Ich machte mir riesige Sorgen um meine Freunde dort. Doch innerhalb von wenigen Stunden konnten sie sich auf Facebook als »sicher« melden und ich wusste, dass es ihnen gut geht. Ohne das Internet hätte ich vermutlich tagelang in der Ungewissheit gelebt, ob meine Freunde wirklich noch leben.

Das ist aber nicht alles. Um von A nach B zu kommen, muss ich keine Fahrpläne auswendig lernen oder einen Straßenatlas studieren. Wenn ich nachts um 01:00 Uhr in Mathe nicht weiter komme, kann ich mein Problem im Internet eingeben. In die Uni muss ich keine kiloschweren Leitz Ordner mehr schleppen. So vieles ist einfacher geworden!

Was mir erst vor Kurzem richtig bewusst geworden ist: Ein Projekt wie Alltagspropheten wäre ohne das Internet niemals möglich gewesen. Abgesehen davon, dass der Blog im Internet ist, wäre auch die Organisation über viele Kilometer hinweg beinahe unmöglich. Unsere Meetings finden gleichzeitig in Zagreb, Heidelberg und anderen Orten statt. Menschen, die wir noch nie getroffen haben, lesen einfach so unsere Texte. Ist das nicht crazy? Da beschließen fünf junge Erwachsene einfach ein paar Texte hochzuladen und wildfremde Menschen finden sie.

Je mehr und je länger ich darüber nachdenke, desto dankbarer werde ich. So viele Möglichkeiten, die ich vor ein paar Jahren noch nicht gehabt habe. Wie bei Vielem im Leben hat man die Möglichkeit das Internet für Gutes oder Schlechtes zu nutzen. 
Doch nutze ich die »neuen Medien« nur, um freie Minuten zu füllen bzw. Zeit totzuschlagen, wie Greta es geschrieben hat
Oder nutze ich diesen Fortschritt um etwas Neues mit Mehrwert zu erschaffen?

So viele Dinge, die für die Generation unserer Eltern weit entfernte Träume waren, halten wir nun fast selbstverständlich in der Hand. Um einen Film zu produzieren und zu veröffentlichen, hätte mein Vater tausende Mark ausgeben müssen. Heute reicht dazu eine Idee und ein Handy. Unsere Generation kann sich so glücklich schätzen. Lasst uns die Werkzeuge und Möglichkeiten, die wir haben dazu nutzen, diese neue Welt, in der wir leben mit positiven Inhalten zu überfluten!

Ein praktischer Tipp zum Schluss oder Challenge der Woche:
Mit wem hattest du schon lange keinen Kontakt mehr? Schreibe der Person doch einmal eine Nachricht!

[1] www.spiegel.de/netzwelt/web/facebook-hat-2070-moeglicherweise-mehr-tote-als-lebende-nutzer-a-1265260.html

Text: Philipp Jenny
Foto: Robin Worrall

Weg vom Fenster #challengeaccepted

Es ist wieder soweit – Plätzchenrezepte werden aus dem Schrank hervorgekramt und vom Mehl des letzten Jahres befreit, 24 liebevoll verpackte Geschenke hängen in den meisten Haushalten vor dem Fenster, übervolle Weihnachtsmärkte laden zum Glühweintrinken ein, Lebkuchen haben endlich ihre Berechtigung im Supermarktregal zu stehen, die Weihnachtsklassiker „Last Christmas“ und „All I want for Christmas“ werden im Radio rauf und runter gespielt, Kerzenlicht von Adventskränzen erhellt wieder die Wohnzimmer, während es draußen schon am späten Nachmittag finster wird, die Postboten tragen gefährlich hohe Pakettürme von Tür zur Tür und nahezu jedes Smalltalk-Gespräch endet mit der Frage, ob es dieses Jahr wohl weiße Weihnachten geben wird.

Es ist wieder soweit – es ist Adventszeit.
Eine Zeit, die dazu einlädt, ruhig zu werden und der Hektik des Alltags einmal mehr zu entfliehen. Eine Zeit, die ihren Ursprung im Christentum hat und auf das Ankommen des Baby-Königs in der Krippe hinweisen will – auch, wenn das bei all den „Merry Christmas“-Lichtreklamen in der Stadt, den kitschigen Weihnachtsfilmen und den panischen Geschenkekäufen schnell mal untergeht.
Eine Zeit der Besinnlichkeit und Stille; der gelebten Nächstenliebe und einer tiefen, in uns Menschen verankerten Sehnsucht nach Liebe, die einer himmlischen Freude am Weihnachtsabend weicht, wenn wir den kleinen großen Heiland in der Krippe feiern.

Ich mag die Adventszeit sehr! Ich kann es jedes Jahr kaum erwarten, dass der düstere und nasse November endlich endet und die gemütliche, gesellige, fröhliche Adventszeit beginnt.
Doch jedes Jahr stelle ich frustriert am 24. Dezember fest, dass die Adventszeit schon wieder vorüber ist und ich so vieles von dem, worauf ich mich gefreut und was ich mir vorgenommen habe, gar nicht umgesetzt habe. Kein Plätzchenbacken, kein Weihnachtsbasteln, keine Lesenachmittage bei einer Tasse Kakao, keine Winterspaziergänge, kein Gedichteschreiben, kein Weihnachtsliedersingen mit Freunden, kein Weihnachtskartenschreiben…
Jedes Jahr bedaure ich aufs Neue, dass Zeitstress und ewig lange To-Do-Listen (und nicht Besinnlichkeit und Stille) die Quintessenz meiner Adventszeit waren.

Vor einem Jahr evaluierte ich einmal den Grund für die immer wieder auftretende, innere Unruhe in mir und traf eine einfache und zugleich (für die meisten von uns) radikale Entscheidung:
Ich verabschiedete mich von dem, was mich am meisten davon abhielt, im Hier und Jetzt zu sein: WhatsApp und allen weiteren Social-Media- und Unterhaltungs-Apps auf meinem Handy. Für 24 Tage.

Ich erklärte natürlich zuvor meinen Freunden und Familienmitgliedern, dass ich nur noch telefonisch erreichbar sein würde und sie mir SMS‘ oder Emails schicken könnten, wenn etwas Wichtiges anstünde. Das funktionierte wunderbar.
Der ein oder andere beschwerte sich zwar, dass ich so schlecht erreichbar sei, aber genau das war es ja, was ich mir wünschte. Es hatte mich zuvor enorm gestresst, (gefühlt) immer erreichbar sein zu müssen. Außerdem wollte ich nicht länger meine Freundschaften in unpersönlichen Chats über mein Smartphone pflegen, sondern Zeit für persönliche Begegnungen haben. Und so vertraute ich darauf, dass ich – auch ohne WhatsApp – mit den wichtigsten Menschen in Kontakt bleiben würde.
Klar, ich bekam weniger von all dem mit, was noch so abging. Die Angst, etwas zu verpassen, war immer mal wieder präsent. Doch im Grunde genommen tat es mir gut, nicht auf jedem spontanen Bar- oder Spieleabend dabei zu sein. Denn so hatte ich endlich einmal wieder freie Zeit!
Ich schrieb neue Poetry Slams, bastelte Geschenke, trank Kaffee in schönen Cafés, ging wandern, machte Musik und all die schönen Dinge, die ich mir vorgenommen hatte. Mal allein und mal mit Freunden.

Nach den 24 Tagen Adventszeit fühlte ich mich überhaupt nicht so gestresst wie sonst. Ich hatte meine Tage viel intensiver wahrgenommen. Ich war wirklich präsent gewesen. Und auch meine Gedanken waren nicht mehr so „schwer und überladen“.

Mir wurde mehr denn je bewusst, wie häufig ich mein Handy im Alltag nutzte, um „leere Minuten“ zu füllen. Ich wollte mich rund um die Uhr unterhalten fühlen und ließ dadurch für meine eigenen Gedanken kaum Raum. Unmöglich war es dabei, zur Ruhe zu kommen!
In den ersten Tagen nahm ich die Ruhe auch nicht unbedingt als angenehm war. Innezuhalten und mich mehr mit meinen eigenen Gedanken auseinanderzusetzen, war ungewohnt und beängstigend für mich. Früher hätte ich schnell zu meinem Handy gegriffen und mich mit irgendwelchen Chats, Posts und Videos abgelenkt. Doch diese Flucht war nicht mehr möglich. Das Ergebnis dieser Zeit waren heilsame und weiterbringende Erkenntnisse.

Nach dieser „Probezeit“ im Advent entschied ich mich dazu, weiterhin nur noch über Telefon, SMS und Email zu kommunizieren und Instagram und Facebook ausschließlich über meinen Laptop (und meist nur 1xtäglich) zu nutzen. Ich habe diese Entscheidung keinen einzigen Tag bereut.

Warum schreibe ich all dies nieder?
In zwei Tagen beginnt offiziell die Adventszeit und ich bin mir sicher, dass nicht nur ich mir wünsche, der „alljährlichen Weihnachts-Hektik“ zu entfliehen und die Adventszeit bewusster wahrzunehmen…

Deshalb möchte ich DICH zu einer Challenge einladen, die das Potenzial hat, deinen Alltag die nächsten 24 Tage krass zu verändern!
24 Tage weniger Zeit allein vorm Handy, weniger oberflächliche „Wie geht’s dir?“-Nachrichten beantworten, weniger schlaflose, am Handy verbrachte Nächte, weniger vollgestopfte Terminkalender und vor allem weniger Weihnachts-Hektik!

Advent bedeutet Ankunft, Ankommen, Neubeginn. Die letzten Tage des Jahres 2019 brechen an. Halte inne. Komm an – im Hier und Jetzt.
Komm bei DIR an und bereite DICH für das Ankommen Gottes in unserer Welt vor. Jetzt ist die Zeit dafür!
Trenn dich von dem, was dich daran hindert, im Hier und Jetzt zu sein! #digitalerminimalismus

Ich habe einige Vorschläge für Dich gesammelt (und selbst ausprobiert), wie das aussehen könnte – zum Beispiel:
– nur 1-2x am Tag „bewusst“ online gehen (z.B. für 15-30Minuten)
– mobile Daten ausgeschaltet lassen und nur die WLAN-Verbindung zu Hause nutzen
– WhatsApp ganz deaktivieren oder löschen (#hardcore, aber lohnenswert!)
– Apps von deinem Handy löschen, die in Wahrheit echte „Zeitfresser“ sind (und z.B. Instagram und Facebook nur noch über deinen PC benutzen)
– jeweils an den Adventssonntagen dein Handy ausgeschaltet lassen, um diese Tage bewusst wahrzunehmen
– 24 Tage keine Videos/Serien schauen
– …

Wie sieht’s aus? Bist DU dabei? Challenge accepted?
Oder hast Du vielleicht eine ganz andere Idee, der Weihnachts-Hektik zu entkommen?
Schreib unserem Team gerne bei Telegram, Instagram, Facebook oder Email! Ich fänd’s mega, wenn wir’s zusammen durchziehen.

Eure Greta,
die sich auf die nächsten 24 Dezembertage schon sehr freut!

Alltagspropheten TALK #04 – Prokrastinieren

Vor einer weile schrieb Greta in ihrem Beitrag „Das mach ich morgen…“ darüber, wie sie Dinge, die sie eigentlich schon immer mal machen wollte, immer wieder verschiebt. Auf morgen. Wem geht das nicht so? Auch Maike kennt ein ähnliches Problem. In ihrem Beitrag Das große WWW, oder auch: Hätte, hätte, Fahrradkette schreibt sie über verpasste Chancen.

Joschka und Philipp unterhalten sich im heutigen Podcast über diese „(Studenten-)krankheit“: Prokrastinieren. Viel Spaß beim Anhören!

Gegen den Strom

„Hey, wie heißt du? Wo kommst du her? Was studierst du?“

Diese Fragen habe ich in den letzten Wochen unzählige Male gestellt und gestellt bekommen. Der klassische Einstieg in einen (Erasmus-)Smalltalk. Meistens fragt man anschließend noch aus welchen Landesteil genau der Gesprächspartner kommt, obwohl man lediglich die Hauptstadt kennt. So lautet die folgende Reaktion mit einem Schulterzucken häufig: „Nie gehört.“

Es ist Orientierungsphase. So, wie viele von uns sie zu Beginn eines neuen Lebensabschnitts kennen. Man lässt sich auf viel Neues ein, lernt einige Menschen kennen und versucht sich damit zu arrangieren. So weit, so gut. Doch bei Erasmus habe ich diese Zeit noch ein Stück intensiver erlebt und mit ein paar besonderen Eigenarten, weshalb ich mich dazu entschlossen habe, darüber zu schreiben.

Erstmal vorneweg: Erasmus ist ein geniales Austauschprogramm, dass es Studierenden ermöglicht vorwiegend in einem anderen Land innerhalb der Europäischen Union zu studieren und dafür auch noch Geld zu bekommen. Ein tolles Privileg! Für mich ging es in diesem Fall nach Zagreb (die Hauptstadt von Kroatien) – warum ist eine andere Geschichte.

Hinter mir liegt die Eingewöhnungswoche. Im Gegensatz zu den meisten anderen Erasmus-Studierenden war ich bereits zwei Wochen vorher zu einem Intensiv-Sprachkurs in der Stadt. Die dritte Woche bestand zusätzlich im Wesentlichen aus Party und Alkohol. Gegen beides habe ich nichts einzuwenden; die geballte Intensität hat mir jedoch zu schaffen gemacht. Infolgedessen habe ich mir eine Erkältung eingefangen. Meinem Körper wurde es also auch zu viel. Damit bin ich nicht der Einzige (und am Rande stellt sich die Frage, ob man sich genauer mit den gesundheitlichen Risiken von Erasmus auseinandersetzen sollte).

Auf der einen Seite ist die Eingewöhnungswoche unglaublich wichtig, um Menschen kennenzulernen und sich zu vernetzen. Ich habe selten eine so offene Stimmung erlebt. Aus einer kollektiven Unsicherheit kommen selbst Introvertierte ungewöhnlich weit aus sich heraus. Man spürt, dass alle im selben Boot sitzen. Diese anfänglichen Gruppendynamiken finde ich immer spannend.

Nichtsdestotrotz hinterlässt die Woche nicht nur bei mir Spuren. Viele sind erschöpft und meinen, man könnte es auch mal ein bisschen langsam angehen lassen – nächste Woche. Doch das scheint sehr schwierig zu sein. Man möchte ja nichts verpassen, nicht den Anschluss verlieren. Ständig geht jeden Abend irgendwo etwas. In kürzester Zeit hat sich eine permanente Party-Dynamik entwickelt. Da ist es besonders herausfordernd, zu sich selbst und seinen Bedürfnissen zu stehen und auch mal „Nein“ zu einem Event sagen.

Ich bin nicht nach Zagreb gekommen, um ein klassisches Erasmus-Party-Semester zu machen (so wie viele Südeuropäer, deren Nationalität(en) ich an dieser Stelle verschweigen möchte). Das sollte auf keinen Fall zu kurz kommen, aber man kann es auch übertreiben. Teilweise hat sich bereits eine exzessive Party-Dynamik entwickelt. Unterschiedliche Gewohnheiten verschiedener Kulturen prallen aufeinander.

Ich möchte vor allem Sprache, Land und Leute kennenlernen. Mich kulturell weiterbilden. Und vor allem viel Zeit mit Schreiben verbringen – als eine Art kreativ Schaffender im Café. (Vielleicht habe ich mir hier etwas zu ambitionierte Ziele vorgenommen). Vor Erasmus dachte ich, dass das kein Problem ist und ich hier viel Zeit haben werde. Nach einer Woche ist mir klar geworden, dass das mit die größte Herausforderung sein wird – neben dem Teilen eines etwa 12m2 großen Zimmers. Ich hatte nicht erwartet, dass rund 500 Erasmus-Studenten nach Zagreb kommen werden. Es sollte eine Auszeit werden. Ich dachte (oder hatte vielleicht auch gehofft), ich wäre der Einzige…

So setze ich mich also damit auseinander, wie oft ich in der Woche feiern gehen möchte? Wie viele soziale Kontakte oder Freundschaften ich aufbauen/pflegen kann oder will? Oder an wie vielen Aktivitäten des Vereins, der Aktionen für Erasmus-Studierende organisiert, ich teilnehmen möchte? Oder wie viele Reisen ich unternehmen kann?

Mir ist jedoch bewusst geworden, dass es mir um mehr geht, als eine außergewöhnlich schöne Zeit zu haben. Dass ich hier vor allem etwas mitnehmen möchte und deswegen teilweise andere Motive/Ziele/Erwartungen und Wünsche an mein Erasmus-Semester habe, als einige meiner Mit-im-Boot-Sitzer. Deshalb fühlt sich gelegentlich ein bisschen so an, als würde ich ab und an gegen den Strom schwimmen – ein innerer Antrieb, der mich dazu bewegt hat nach Zagreb zu kommen. Ich wollte noch nie machen, was alle machen. Lieber ein bisschen anders sein. Mein Ding machen. Gegen den Strom schwimmen. Das erinnert mich an ein Lied aus meiner Kindheit:

„Sei ein lebendiger Fisch.
Schwimme doch gegen den Strom.“

So möchte ich sein! Lebendig! Was ich früher als Kind voller Leidenschaft mitgegröhlt habe, ist heute eine gelegentlich anstrengende Herausforderung geworden. An dieser Stelle meine ich nicht, dass ich aus Prinzip eine Anti-Haltung einnehme einfach nur um dagegen zu sein und sein Ding zu machen. Ich will vielmehr zu meinen Motiven zu stehen, denn:

„Nur die toten Fisch schwimmen immer mit dem Strom,
lassen sich von allem anderen treiben.“

Zum Abschluss 3 Fragen an dich zum Nachdenken und Beantworten:

  • Schwimmst du eher mit oder gegen den Strom?
  • Wie fühlt es sich für dich an, gegen einen Strom schwimmen?
  • Lohnt sich das für dich? Warum?

Schreib uns doch deine Gedanken entweder per Mail oder Whatsapp (einfach auf den Link klicken).

Hier kannst du dir das ganze Kinderlied anhören:


by spaghettihirn

Vielen Dank an danny moore für das Foto von Pixabay.

Würde Jesus einen Burger bei McDonalds bestellen?

Als ich auf die Welt kam, wussten meine Eltern bereits, wie sie mich nennen würden: Greta. Ein norwegischer Name, den sie besonders schön fanden. Es gab Zeiten, da mochte ich meinen Namen nicht. Der Grund dafür: niemand anderes hieß so. Erst mit 16 Jahren lernte ich zum ersten Mal eine Person kennen, die den gleichen Namen trug wie ich. Sie war 84 Jahre alt und in Wirklichkeit hieß sie „Margareta“, doch ihre Enkel nannten sie „Oma Greta“. Und irgendwann fand ich es dann auch cool, einen Namen zu haben, der weniger bekannt war.
Doch genau das änderte sich im Mai 2018, als die damals 15-jährige Greta Thunberg, anstatt in die Schule zu gehen, vorm Parlamentsgebäude in ihrem Heimatland Schweden für einen konsequenteren Klimaschutz demonstrierte. Welche Welle daraufhin international ausbrach, ist niemandem von uns entgangen. „Fridays for Future“ wurde ins Leben gerufen und weltweit demonstrieren junge Menschen und mittlerweile auch Erwachsene jeden Freitag für „climate justice“ (übersetzt: Klimagerechtigkeit).

Greta Thunberg beeindruckt mich! Ihr Mut, ihre Hingabe und ihre Authentizität lassen mich wirklich ehrfürchtig werden. Umweltschutz und die Folgen des Klimawandels waren auch für mich schon seit dem Kindergartenalter wichtige und emotionale Themen. Ich bin dankbar für das, was meine Namensvetterin durch ihre Taten erreicht hat und tagtäglich erreicht!
Und ich will mich ihr anschließen und hier auf dem Blog über genau diese Themen sprechen! Denn auch, bzw. vor allem Christen sollten Klimaschutz ernst nehmen. Warum? Darauf will ich in diesem Beitrag eingehen!

2 gute Gründe, warum Christen den Klimaschutz ernst nehmen sollten:

1. Gottes „gute“ Schöpfung ehren
Christen glauben, dass Gott der Schöpfer der Welt ist. Im Schöpfungsbericht heißt es, dass alles, was Gott erschuf, in seinen Augen „gut“ war. Auch können wir in der Bibel lesen, dass Gott den Menschen als „Verwalter seiner Schöpfung“ erschaffen hat:
„Lasst uns Menschen machen als unser Bild, uns ähnlich! Sie sollen walten über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels, über das Vieh, über die ganze Erde und über alle Kriechtiere, die auf der Erde kriechen.“
(EÜ, Genesis 1,26)

Die Schöpfung ist ein „Geschenk“ von Gott an uns Menschen. Viele berichten, dass sie sich Gott in der Natur am nächsten fühlen, weil ihre Schönheit und ihre Größe von IHM zeugen.
Doch wie gehen wir mit Gottes „guter“ Schöpfung um?
Plastikmüll im Meer, Aussterben von faszinierenden Unterwasserlandschaften, ausgetrocknete Flussbetten, schmelzende Eisberge, Abholzung von Regenwäldern für wirtschaftliche Zwecke, Überproduktion und Wegschmeißen von Lebensmitteln, klimabedingte Umweltkatastrophen, Anstieg der Meeresspiegel und noch viel mehr!
Das sind nur einige der Folgen unseres bisherigen Umgangs mit dem Geschenk, das Gott uns Menschen einmal aus purer Liebe übergeben hat.

Und was ist mit den, von Gott geschaffenen und vom Menschen benannten Tieren? Ja, Gott beauftragte den Menschen, über die Erde und die Tiere zu „walten“. Doch wie sieht diese „Verwaltung“ heutzutage aus?
Grausamste Massentierhaltung, Artensterben, Wilderei, Überfischung der Meere, Tierversuche und so weiter…
In Sprüche 12,10 heißt es: „Ein guter Mensch sorgt für seine Tiere, der Gottlose aber ist durch und durch grausam.“

Wo ist also unsere Achtung vor Gottes „guter Schöpfung“ geblieben?
Deshalb meine Frage: Würde Jesus einen Burger bei McDonalds bestellen?
Einen Burger, für dessen Herstellung 2400l Wasser verbraucht wurden und für dessen Frikadelle ein Tier gestorben ist, das zuvor gemeinsam mit bis zu 500 anderen Rindern auf minimalstem Stallplatz gemästet und unwürdevoll getötet wurde?
Ich weiß es nicht. Würdest Du den Burger essen?

2. Deinen Nächsten lieben
Als die Jünger von Jesus wissen wollten, welches Gebot das Wichtigste sei, antwortete Jesus: „Liebe deinen Nächsten wie Dich selbst.“ (Markus 12,31)

Wenn ich mir ein T-Shirt bei H&M (etc.) kaufe, trage ich mit meinem Kauf dazu bei, dass Kinder weiterhin unter menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen und für einen viel zu niedrigen Lohn Kleidung herstellen, die anschließend für relativ wenig Geld in v.a. westlichen Ländern verkauft wird. Ehre ich damit meine Mitmenschen?

Die Folgen des Klimawandels (Dürre, Trockenheit, Waldrodung, Überschwemmung, etc.) treffen momentan vor allem Menschen in Entwicklungsländern. Also Menschen, die vorwiegend in wirtschaftlich schwachen Ländern leben und ihre Nahrung zum Großteil aus eigener Landwirtschaft beziehen. Klimaschwankungen führen unter anderem dazu, dass die Ernten ausbleiben und Familien ihre Existenzs- und Nahrungsgrundlage verlieren. Unterernährung, Krankheiten, Trinkwassermangel und das Verlassen der eigenen Heimat sind die Folgen. Ehre ich also meine Mitmenschen, wenn ich (zum Beispiel) einen Inlandsflug von München nach Berlin buche und damit zu einem erhöhten (und unnötigen) CO2-Ausstoß beitrage, der wiederum den Klimawandel vorantreibt?

Ich glaube, dass es unbedingt notwendig ist, dass sich Christen ihrer (von Gott übertragenen) Verantwortung bewusst sind und mit ihrem Lebensstil einen Unterschied in dieser Welt machen! Meiner Meinung nach ist Klimaschutz eine zutiefst christliche Erfindung. Jede unserer täglichen (Kauf-/Handlungs-)Entscheidungen ist eine Möglichkeit, Gottes Schöpfung und unseren Mitmenschen weltweit die Ehre und Würde entgegen zu bringen, die ihnen zustehen!

Also los!
Wenn ich mit Freunden über Klimaschutz spreche, höre ich häufig die Aussage: „Aber es bringt doch sowieso nichts, wenn nur ich meine Lebensweise verändere! Alle Menschen müssten mitziehen.“
Ich kenne diesen Gedanken auch. Verständlich, oder?
Während ich komplett auf tierische Produkte verzichte, um meinen CO2-Ausstoß zu verringern, bucht eine Freundin von mir gerade ihren achten Flug für einen Wochenendtrip dieses Jahr. Das frustriert mich!
Doch auch ich habe noch lange nicht in jedem Bereich meines Alltags einen umweltschonenderen Weg gefunden! Der entscheidende Punkt ist, dass jeder von uns in seinem Alltag einen ersten Schritt machen kann! Und dann einen zweiten und einen dritten.

6 einfache Schritte, die Du tun kannst:

  1. Iss weniger/kein Fleisch und andere tierische Produkte
  2. Nutze Fahrrad und Bahn statt Auto und Flugzeug
  3. Unterstütze Organisationen finanziell, die Entwicklungshilfe und Armutsbekämpfung vorantreiben (Bsp.: Brot für die Welt)
  4. Geh streiken – am 29.11.2019 in deiner Stadt am „Global Day of Climate Action“
  5. Hinterfrage deinen Konsum
    – Wo kannst Du mehr auf Plastik verzichten?
    – Schonmal deine Kleidung „second hand“ gekauft?
  6. Informier dich über Klimaschutz, Nachhaltigkeit, Tierhaltung und Umweltpolitik. Zum Beispiel hier:
    – Fridays for Future: https://fridaysforfuture.de/
    – IPPC Report: https://www.de-ipcc.de/
    – 17 Nachhaltigkeitsziele der Micha-Initiative: https://www.micha-initiative.de/nachhaltigkeitszielesdgs
    – Film über Tierhaltung weltweit: http://www.earthlings.de/

Das war’s von mir diese Woche! Mir liegt dieses Thema sehr auf dem Herzen und ich weiß, dass das Lesen dieses Beitrags durchaus unangenehm sein kann. Ich möchte auf keinen Fall „von oben herab“ schreiben. Es geht mir darum, einen Anstoß dazu zu geben, sich über dieses längst überfällige Thema (und unsere Verantwortung dafür) Gedanken zu machen und neue Wege und Möglichkeiten im Alltag zu finden. Auch ich darf dabei noch Vieles lernen und verändern.

Meine Frage an Dich:
Wie stehst Du zum Thema „Klimaschutz“ und welchen Schritt wirst du diese Woche noch umsetzen?

Ich freue mich (wirklich) auf Deine Antwort!
Deine Greta, die sich jetzt erstmal ein leckeres veganes Eis gönnt! 😉

Wie du mir, so ich dir?

Ein Wind bläst mir um die Nase. Im Takt strampeln meine Beine hoch und runter. Nur ein gleichmäßiges Reiben der Kette ist zu hören. Nach fast acht Stunden auf dem Fahrrad fangen meine Waden an zu ziehen. Von meinem Allerwertesten ganz zu schweigen. Aber noch höchstens eine Stunde, dann haben wir das Tagesziel erreicht. Das ganz große Ziel Amsterdam ist noch in weiter Ferne. Über 500 Kilometer um genau zu sein. Einfach so mit dem Fahrrad fahren. Einfach so irgendwo übernachten. Kein Druck. Nichts was mich ablenkt. Ein Gefühl der Freiheit.

Pfffft… Von einem Moment auf den anderen ist das Gefühl verflogen. Stillstand. Gepäck abladen. Rad abmontieren. Schlauch raus. Flicken drauf. Schlauch rein. Rad drauf. Aufpumpen. Gepäck zurück. Abfahrt. Nach einer halben Stunde sind wir wieder auf den Rädern. Pfffft… Doch das nur für maximal zehn Minuten. Langsam wird es dunkel. Die Zeit rennt uns davon. Aber was solls? Gepäck abladen. Rad abmontieren. Schlauch raus. Flicken drauf. Schlauch rein. Rad drauf. Aufpumpen. Gepäck zurück. Pffft… Das kann doch jetzt nicht wahr sein. Das war der letzte Flicken. Wir sitzen irgendwo in einem Wohngebiet. Der nächste Laden ist eine Stunde entfernt.

So sitzen wir nun da. Drei Jungs, total verloren um ein Fahrrad sitzend. Wir diskutieren. Es kann doch nicht sein, dass wir keine Lösung finden!? Das bekommen wir schon irgendwie hin. Wir wissen uns doch zu helfen! Okay… zum Baumarkt kommen wir nicht mehr. In einer Stunde ist er geschlossen. Und wer weiß, ob sie Rennradschläuche haben? Wo bekommt man die sonst her? Amazon! Natürlich! Wie lange brauchen die, für die Lieferung? Gibt es da nicht den Prime Morningexpress? Ja stimmt! Aber wohin sollen die liefern? Sollen wir einfach irgendeine Adresse angeben und den Postboten abfangen? Ne… das klappt niemals! Paketstation! Ja genau! Gibt es irgendwo eine? Ja! Sogar in diesem Dorf! Super! Dann machen wir das. Aber auch der letzte Rettungsanker, Amazon, hilft nichts. Wir sind ein paar Minuten über dem Zeitlimit für Expresslieferungen. “Kann ich euch irgendwie helfen?” Huch? Wer war das? Vor uns steht ein Mann mittleren Alters. Anscheinend ein Anwohner. Ach was. Ne… Das bekommen wir schon alleine hin. Wir können ihm doch jetzt nicht zur Last fallen. Aber Stück für Stück stehen immer mehr Anwohner bei uns und wollen helfen. Eine Frau fährt mit dem Auto zu einem Freund, der scheinbar Schläuche herumliegen hat. Ein Mann gibt uns neues Flickzeug. Eine Frau bietet uns an, bei ihr daheim aufs Klo zu gehen. Da es regnet, fragt uns eine andere, ob wir uns in der Garage unterstellen wollen. Später kommt sogar eine Omi vorbei und gibt jedem von uns eine Tafel Schokolade und etwas zu Trinken. Total überfordert von der unglaublichen Hilfsbereitschaft stehen wir da und versuchen unser möglichstes, das Fahrrad irgendwie zu reparieren. Aber es hilft nichts, wir werden den Campingplatz wohl nicht erreichen.

Einige Tage später stehen wir vor einer Kneipe und schließen unsere Fahrräder auf. Da kommt ein Mann auf uns zu. Seine Kleider sind zerlöchert und er riecht so, als hätte er schon länger keine Dusche mehr gesehen. In gebrochenem Englisch erzählt er uns eine herzerwärmende Geschichte. Seine Kinder wohnen in Berlin und er möchte dort hin, aber er hat kein Geld für ein Ticket.
Ich schalte automatisch in einen anderen Modus. Der Modus, den ich mir über die Jahre angeeignet habe, nachdem ich von vielen Bettlern um Geld gebeten wurde. Ich tue beschäftigt und hoffe, dass er gleich wieder geht und ich mit meinem Leben weiter machen kann. Aber es hilft nichts. Also Stufe 2: “Sorry! I don’t have any cash.” Irgendwann merkt er, dass es keinen Sinn hat und geht weiter. Der Freund, mit dem ich da stand, schaut mich betroffen an: “Wir hätten ihm helfen sollen”, sagt er.
Ja… Aber wenn wir ihm Geld geben, dann wissen wir ja auch nicht, was er damit anfängt (Eine richtig gute Ausrede, Bettlern kein Geld zu geben)
“Wir hätten ihm einfach das Ticket kaufen sollen. Das kostet fünfzehn Euro.”
Boom! Der hat gesessen. Meine einzige logische Ausrede ist dahin. Stimmt das hätte wir tun können. Vielleicht hätten wir ihm wirklich helfen können. Wie kann man nur so kalt sein? So unmenschlich? So abweisend? Ein Mensch hat mich um Hilfe gebeten und ich habe ihn einfach ignoriert.
Stand ich nicht vor einer Woche genauso hilflos da? Ich war damals überwältigt von dieser riesigen Hilfsbereitschaft. Und jetzt bin ich nicht einmal bereit ein paar Euro für jemanden auszugeben, der offensichtlich Hilfe braucht. Von der Tatsache, dass ich nicht weiß, ob er wirklich nur ein Ticket braucht mal ganz abgesehen.

Ein bisschen erinnert mich das an eine Geschichte aus der Bibel. Dort schuldet ein Mann dem König eine unfassbar hohe Summe Geld. Doch der König erlässt sie ihm einfach. Kurz darauf geht der Mann zu einem seiner Schuldner, der ihm eine vergleichsweise minimale Geldsumme schuldet und fordert sein Geld zurück. Total bescheuert, oder? Null Dankbarkeit. Diese Geschichte steht in einem etwas anderem Kontext (lest das gerne mal nach: Matthäus 18:21-35). Trotzdem kann ich dort ein gewisses Prinzip wiederfinden. Ich finde mich in genau diesem Mann wieder. Da haben Leute für mich ihren Abend geopfert, mir viele Dinge geschenkt, ohne eine Gegenleistung zu erwarten, aber wenn ich die Möglichkeit habe jemand anderem zu helfen, tue ich es nicht.

Mach dir mal bewusst, was du heute Gutes erlebt hast. Kannst du etwas davon zurückgeben?


Text und Foto: Philipp Jenny

Erkennst du die Ironie?

Bevor du den Beitrag liest, setze dir am besten Kopfhörer auf, lehne dich zurück, schließe die Augen und höre dir folgendes Lied an. Achte dabei besonders auf den Text, lass ihn auf dich wirken und beobachte, was er in dir auslöst.

Viel Spaß!

Geil oder?

Also wenn dich dieser Song nicht sprachlos macht….

…dann weiß ich auch nicht ;).

Als ich diesen Song zum ersten Mal gehört habe, habe ich mich sofort unmissverständlich angesprochen und verstanden gefühlt. Der Text hat mir die Augen für eine Erkenntnis geöffnet, wie ich sie schon lange nicht mehr hatte. Ich fühlte mich ertappt auf eine unausweichliche Art.

Kennst du das? Du hörst einen Song oder Text, bist dermaßen sprachlos und denkst dir nur: „Besser hätte ich es nicht ausdrücken können.“ oder: „Würde es das nicht geben, ich hätte es geschrieben.“

Das ist natürlich mehr Fiktion als Realität und will sagen, dass einem dieser Text aus der Seele spricht. So viel zur Beziehung zwischen mir und diesem Lied.


Ich habe ein ambivalentes Verhältnis zur Ironie. Einerseits mag ich sie sehr und wir verstehen uns gut. Probleme treten erst auf, wenn Dritte dazu kommen und man nicht auf derselben Wellenlänge treibt oder ich es mit der Ironie übertreibe. Doch darum geht es in diesem Song nicht. Hier wird Ironie mehr als eine Art Selbst-Widerspruch verstanden. Es geht um Fragen, wie:

Wo sagst du etwas anderes, als du tust?
Wo nimmst du dir etwas vor, obwohl du genau weißt, dass du es nie machen wirst?
Wo gelingt es dir nicht, zu dir selbst zu stehen?

Es geht um Fragen der Identität. Ich wünsche mir authentisch zu sein, in dem, was ich sage und tue. Da ich weiß, dass ich das nicht alleine schaffe, hilft mir folgender Bibelvers immer wieder dabei, damit umzugehen. Gott sagt zu mir:

„Meine Gnade ist alles, was du brauchst. Meine Kraft zeigt sich in deiner Schwäche.“

2. Korinther 12, 9

Wie gehst du damit um, diese Selbst-Widersprüche einerseits auszuhalten und ihnen andererseits entgegenzuwirken?

Text by spaghettihirn.

Danke an Bud Helisson für das Foto von Unsplash.

Maske ab, Vorhang auf!

Seit meinem fünften Lebensjahr liebe ich es, auf großen Bühnen vor vielen Leuten aufzutreten und dafür in die verschiedensten Rollen zu schlüpfen, Skripte auswendig zu lernen und – zumindest meistens – schicke Kostüme anzuziehen. Meine erste Rolle war der „Grashüpfer“ in „Schneeweißchen und Rosenrot“ und – nun ja – für das Stück eher weniger von Bedeutung. Doch seit diesem, meinem ersten großen Auftritt, wurde das Schauspielern zu meiner großen Leidenschaft! So spielte ich in den Jahren darauf auf vielen verschiedenen Bühnen. Mal vor kleinerem und mal vor größerem Publikum. Mal die Hauptrolle und mal auch einfach bloß den Grashüpfer. Mal sang ich ein Solo und mal tanzte ich.
Und obwohl jede Rolle, die ich spielte, ganz anders als die vorherige war, hatten alle meine Rollen etwas gemeinsam: sie waren fiktiv. Nur Rollen, die ich für 90 Minuten spielte. Keine Realität.
Vor jeder Aufführung musste ich in „die Maske“, um dort geschminkt, frisiert und zurechtgemacht zu werden. Wenn ich dort fertig war, fühlte ich mich genauso: Wie jemand, der eine Maske trägt.

Wir haben nun Mitte September. Der Sommer neigt sich dem Ende zu und was bleibt, sind die Erinnerungen an Strandtage, gelesene Bücher, Städtetrips und laue Sommernächte mit guten Freunden. Doch für mich bleibt noch etwas anderes:
Eine schmerzhafte und zugleich heilsame Erkenntnis, von der ich euch heute gerne berichten möchte…

Diesen Sommer ist mir bewusst geworden, dass ich nicht nur auf großen Bühnen eine andere Rolle spiele und dafür eine Maske trage. Nein, ich tue dies jeden Tag.
In meinem Alltag.

Wenn ich an meine letzten Jahre zurückdenke, fallen mir so viele Situationen ein, in denen ich sehr gestresst und überfordert von all den Aufgaben war, die ich (so dachte ich zumindest) bewältigen musste. Aber vor allem war ich gestresst, weil ich extrem hohe Ansprüche an mich selbst hatte. Ich wollte so vieles erreichen und sein. Ich wollte Bestnoten in der Uni bekommen. In meiner Hochschulgruppe wollte ich tatkräftig mitwirken, Neues starten und in der Band spielen. Ich versuchte, jeden Tag Sport zu machen, immer gesund und vollwertig zu essen und natürlich selbst zu kochen. Wenn Leute zu Besuch kamen, räumte ich vorher die ganze Wohnung auf, damit bloß keiner auf die Idee kommen könnte, ich sei chaotisch. Darüber hinaus versuchte ich auch vor Gott „gut dazustehen“ und jeden Morgen Bibel zu lesen, mich vorbildlich an alle Gebote zu halten und niemandem meiner Mitmenschen schlecht zu behandeln. Und dann wollte ich noch schön aussehen, mich hübsch anziehen und meine Haare einigermaßen pflegen.
Und und und…
Je länger ich diesen Maßstäben hinterherjagte, desto unzufriedener wurde ich mit mir selbst. Es gelang mir nicht, die „Greta“ zu sein, die ich sein wollte.
Doch auch, wenn ich mir selbst nichts vormachen konnte, so wollte ich dennoch nach außen hin so tun, als ob ich diese „Wunder-Greta“ sei. Ich lächelte permanent und wollte um jeden Preis von meinen Mitmenschen gemocht werden. Ich versuchte immerzu gut gelaunt zu wirken, freundlich zuvorkommend zu sein und mir Zeit für alles und jeden zu nehmen – auch, wenn das bedeutete, dass ich keine Zeit mehr für mich selbst hatte.
Ich meißelte mir selbst eine Maske, die ich tragen wollte. Eine Maske, die versteckte, wer ich wirklich war. Und je krampfhafter ich versuchte, diese Maske aufrechtzuerhalten, desto erschöpfter und verzweifelter war ich. Mein Alltag wurde für mich zu einer Überforderung. Zu purem Stress.

Doch warum das alles? Warum meinte ich, eine Maske tragen zu müssen? Und warum tragen auch viele andere eine Maske?
Vielleicht auch Du?

Meine Antwort darauf war einfach zu finden und schwer zu akzeptieren:
Ich strebte danach, „perfekt“ zu sein – die perfekte Tochter/ Freundin/ Cousine/ Kommilitonin/ Praktikantin/ Mitbewohnerin/ Gruppenleiterin/ etc.
– mit dem Ziel, dadurch von anderen gemocht und vielleicht sogar bewundert zu werden. Und all das, weil ich meinen eigenen Wert nicht erkannte…

Das zu realisieren, war für mich schmerzlich und heilsam zugleich.
Schmerzlich, weil ich, auf dem Weg „perfekt“ zu werden, mich selbst verloren habe. Ich wollte von der Welt geliebt werden und hasste mich selbst mit jeder „Unperfektheit“ an mir immer mehr.
Und heilsam, weil ich in diesem Sommer meinen Kurs geändert habe. Ich habe mir viel Zeit genommen, um mich selbst wiederzufinden, bzw. kennenzulernen. Und ich kam zu dem Schluss: Ich will keine Maske mehr tragen! Ich will endlich ich selbst sein! Unperfekt, aber echt!

Doch was passiert, wenn die Maske ab ist und ich mein wahres Gesicht zeige?
Mögen mich meine Freunde und Familienmitglieder noch, wenn ich nicht immer nur gute Laune habe und bei mir „alles gut“ ist? Was ist, wenn ich nicht mehr jedem zustimme, sondern mal meine Meinung vertrete und sage, was mich stört? Was ist, wenn ich belächelt werde oder über mich geredet wird, weil ich zu dem stehe, was ich gut finde? Wenden sich meine Mitmenschen dann von mir ab?
Bin ich noch eine gute Freundin, wenn ich mal keine Zeit oder keinen guten Ratschlag parat habe? Mögen mich die Leute in Heidelberg noch, wenn ich nicht überall dabei bin, für irgendein Event mitarbeite oder irgendwo in einer Band mitspiele? Sind meine Eltern noch stolz auf mich, wenn ich nicht nur Bestnoten schreibe oder Entscheidungen treffe, die vielleicht nicht in ihrem Sinne sind? Enttäusche ich meine Vorgesetzten im Praktikum an der Schule, wenn ich einmal kein didaktisches Feuerwerk im Unterricht abfackeln lasse? Und wie denken andere Christen über mich, wenn ich mal nicht jeden Tag in der Bibel lese, lüge, neidisch bin oder meinen Mitmenschen mal nicht wertschätzend begegne?

Ja, die Frage „Was denken die anderen?“ hält mich (und vermutlich viele andere) davon ab, die Maske(n) abzunehmen und ich selbst (bzw. man selbst) zu sein.
Doch nun komme ich zu meinem alles entscheidenden Fazit:

Fakt No. 1
Wenn ich vorgebe, jemand anderes zu sein und mich hinter einer „perfekten“ Maske verstecke, dann mögen meine Mitmenschen ja nicht wirklich mich, sondern die Fake-Greta. Was habe ich davon? Ich möchte ja genauso gemocht werden, wie ich wirklich bin und nicht so, wie mein Gegenüber es gern hätte. Und wenn ich dann mal nicht gemocht werde, „so what?!“ – dann darf es mir egal sein, weil ich mir gewiss sein kann, dass mich die „richtigen Menschen“ mögen werden. Und darauf kommt es doch an. Oder?

Fakt No. 2
Wenn ich mein wahres Gesicht zeige und zu meiner Unperfektheit stehe, ist das nicht nur für mich, sondern auch für andere befreiend. Wenn ich jemanden kennenlerne, der nach außen hin „perfekt“ wirkt, wachsen bei mir häufig Selbstzweifel und Eifersucht: „Warum schafft sie/er das alles und ich nicht?“ Doch mal ganz im Ernst: Wer ist schon perfekt? (Und was ist überhaupt „perfekt“?)
Einer meiner Lieblingssprüche lautet: „Nur eine 0 hat keine Ecken und Kanten“. Gerade unsere Unperfektheit macht uns nahbar, interessant, authentisch und liebenswert!

Deshalb bin ich entschieden, mich von nun an nicht länger zu verbiegen und mich hinter einer Maske verstecken, um anderen zu gefallen. Ich will ICH sein. Die wahre Greta.
Erträumt, erschaffen und unendlich geliebt von meinem Vater im Himmel!

Ich möchte euch ermutigen, echt und authentisch zu sein, die Masken abzulegen und euch genauso zu lieben und lieben zu lassen, wie ihr seid!
Es tut so, so gut! Eure Greta!

„Be weird. Be random. Be who you are. Because you never know, who loves the person, you hide.“ – C. S. Lewis


Laaaangweilig!

Das kann nicht sein! Schockiert starre ich an die Uhr an der Wand. Tatsächlich. Es ist 10:00. In Worten: zehn Uhr! Nicht Abends. Morgens. Ich habe mich doch gestern nur kurz mal hingelegt. Um vier. Nicht Morgens. Nachmittags. Es sollte nur ein Powernap werden. Aber der ist wohl hart eskaliert. Nach 18 Stunden Schlaf wird mir bewusst, was ich meinem Körper in den letzten Monaten angetan habe. Es war eindeutig zu viel!

Hinter mir liegen vier unglaublich ereignisreiche Wochen Zeltlager. Vier Wochen konstant unter Strom. Vier Wochen in denen ich mich nonstop um andere kümmern musste. Vier Wochen mit einem Maximum von sechs Stunden Schlaf pro Tag. So viele Eindrücke. So viele Beschäftigungen. Kein Wunder, dass mein Körper irgendwann »Stopp« sagt. Es war eindeutig zu viel.

Dass es zu viel war, beweist schon ein Blick in die Kalender App auf meinem Handy. Eine schier endlose Liste an Terminen. In der Hoffnung, dass ich wichtige Dinge nicht verpasse, ist jeder Termin mit einer noch auffälligeren Farbe versehen als ein anderer. Übersichtlicher hat es das Ganze aber trotzdem nicht gemacht. Viele Termine habe ich verballert. Und wären da nicht die wandelnden Terminkalender in Form von Freunden, meiner Mutter oder meinen Geschwistern, wäre diese Quote wohl deutlich höher ausgefallen. Ich merke, es war eindeutig zu viel.
Ach ja… Was ich ganz vergessen habe zu erwähnen: Das war zu allem Überfluss mitten in der Prüfungsphase. Jede freie Minute war also entweder mit Lernen oder dem schlechten Gewissen, nichts getan zu haben, gefüllt. Tatsächlich. Es war eindeutig zu viel.

Ich sitze jetzt also hier. Zum ersten Mal wieder am Durchschnaufen. Keine Termine und Verpflichtungen. Und ich frage mich, wie es nur zu dem Terminchaos kommen konnte. Ich muss feststellen: der Grund allen Übels ist ganz klein. Man könnte ihn beinahe übersehen. Es ist das kleine aber mächtige Wörtchen »Ja«.

In zwei Wochen ist ein Konzert. Kommst du mit? Ja.
Am Dienstag ist eine wichtige Besprechung. Bist du da? Ja.
Das Präsentationsvideo für unser Uni-Projekt steht immer noch nicht. Kannst du das nicht einfach machen? Ja.
Wir haben uns schon lange nicht mehr gesehen! Hast du nächstes Wochenende Zeit? Ja.
Wir bräuchten bis September ein neues Logo. Kriegst du das hin? Ja.
Ich baue am Samstag an unserer Terrasse weiter. Kannst du mithelfen? Ja.
Wir bräuchten noch jemanden, der am Samstag Fotos macht. Hast du Lust? Ja.
Auf unserem Zeltlager fehlen noch viele Mitarbeiter. Es könnte sein, dass wir nicht alle Kinder mitnehmen können. Machst du mit? Ja.

Viele „Jas“ später, und der Kalender ist picke packe voll. Und das nicht unbedingt mit Dingen, die mir keinen Spaß machen. Konzerte, ins Kino gehen, Freunde besuchen. Alles coole Sachen. Und auch die Jobs, die ich angenommen habe, machen mir ja Spaß! Aber wenn ich mich entscheiden muss, wird’s problematisch. Nein sagen fällt mir unheimlich schwer.

Als Kind fiel bei mir oft der Satz: “Mama, mir ist soooooo langweilig. Was soll ich machen?” Langeweile und Nichtstun ist meine größte Hassvorstellung. Wenn ich im Urlaub einfach mal nur auf der Couch gammel oder am Strand vor mich hinbraten soll, werde ich verrückt. Man könnte doch so viel unternehmen.

Ich kämpfe also seit je her gegen die Langeweile, obwohl das mittlerweile gar nicht mehr nötig ist. Wenn es irgendetwas zu tun gibt, dass auch nur halbwegs spannend klingt, versuche ich es möglichst irgendwie in meinen Terminkalender zu pfriemeln. Auch, wenn es nur ein Vormittag ist.

Langeweile? In keiner Zeit komme ich auf so viele Ideen oder entdecke ich so viel Neues, wie in Zeiten in denen ich nichts zu tun habe. Aus Langeweile habe ich damals die Kamera für mich entdeckt. Aus Langeweile habe ich angefangen, die Kinderstunden in der Kirche zu besuchen. Aus Langeweile habe ich angefangen, über mein Leben nachzudenken und Texte zu schreiben. Vermutlich wäre ich sonst nie Teil dieses Blogs geworden. Es sind die ereignisloseren Tage, in denen ich Gott besser kennenlerne, in denen ich mehr Zeit habe mit ihm zu reden und zu schauen, was er sagt. Langeweile empfinde ich mittlerweile als etwas sehr Wertvolles. Doch Erfindungen wie mein Handy verleiten mich mehr und mehr dazu, selbst die wenigen freien Minuten zwischendrin auszufüllen.

Zeiten, in denen ich mit meinen Gedanken ganz woanders sein kann.
Zeiten, in denen ich mich niemandem gegenüber rechtfertigen muss.
Zeiten, in denen ich einfach ganz da sein kann.
Zeiten, in denen ich nur mit Gott und sonst niemanden Zeit verbringe.
An diesen Zeiten mangelt es mir und ich möchte sie mir unbedingt zurückholen. Um das zu erreichen muss ich „Nein“ sagen lernen. Ich muss aufhören, mich mit unnötigen Sachen zu beschäftigen. Lasst uns miteinander ein bisschen mehr Langeweile haben. Vor allem wenn es mal wieder drunter und drüber geht.

Text: Philipp Jenny
Bild:
Javier Canada

„Das mach ich morgen…“

Es ist kurz nach Mitternacht. Ich fahre auf dem Fahrrad von Freunden nach Hause. Die heißen Temperaturen des Tages sind gesunken. Ein angenehm kühler Wind weht durch meine offenen Haare. Ich fahre über eine Brücke. Die Straßenlaternen spiegeln sich im pechschwarzen Fluss. Ruhig liegt er da und nimmt seinen Lauf. Nur wenige Menschen sind unterwegs. Kein Auto in Sicht. Ich fahre in der Mitte der Straße und strecke meine Arme aus. Über mir der Sternenhimmel. So weit und so klar. Die laue Sommernacht verleiht mir ein euphorisierendes Gefühl. Ich fühle ich mich einfach frei. Frei von Sorgen. Frei von Pflichten. Frei von Grenzen. Diese Nacht lädt zum Träumen ein. Ich denke an die Träume, die ich früher hatte. Was ist aus ihnen geworden? Ich denke an die Träume, die ich heute habe. Was wird aus ihnen? Ich sollte endlich mal anfangen, ihnen nachzugehen!
Am besten gleich morgen!

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Abschalten

Ich habe auf diesen Blog schonmal über meinen Kopf geschrieben. Damals ging es um Kopfschmerzen und Migräne und wie ich versuche damit umzugehen. Als ich das neulich mal wieder erlebt habe, wurde mir eine neue Ebene bewusst, die ich gerne teilen möchte.

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