»Facebook ist der Friedhof der jungen Leute.« Das hat meine Oma einmal gesagt. Damit meinte sie nicht, dass auf Facebook in irgendeiner Form Menschen vergraben werden. (Auch wenn im Jahre 2070 vermutlich mehr Tote als lebende Menschen auf Facebook angemeldet sein werden [1] ) Meine Oma meinte etwas ganz anderes. Und diesen Aspekt finde ich viel interessanter. Der Friedhof war früher der große Sammelplatz in unserem Dorf. Dort bekam man den neuesten Dorftratsch mit. Wer bandelt gerade mit wem an? Wer ist gerade schwanger? Wie kommt der Nachbar auf einmal zu so viel Geld? Facebook ist Dorftratsch – nur mit der ganzen Welt.
Wie meine Oma ziemlich präzise festgestellt hat, findet heutzutage ein großer Teil unseres alltäglichen Lebens im Internet und nicht mehr auf dem Dorfplatz statt. Auch sie konnte sich dieser digitalen Welt nicht ewig entziehen. Über WhatsApp organisiert sie mit Freunden ihren Sommerurlaub und auf Pinterest tauscht sie mit wildfremden Menschen Kuchenrezepte aus. Das Internet ist für sie kein “Neuland” mehr.
Doch dieses »Neuland« und was damit zusammenhängt, steht in unserer Zeit stark in der Kritik. Wie Greta es in ihrem Beitrag auch schon deutlich gemacht hat, stehen wir unter ständigem Druck. Wir wollen (oder fühlen uns sogar dazu gedrängt) ständig erreichbar zu sein. Den Moment, den wir jetzt gerade erleben, können wir kaum noch genießen.
Das Thema »Fake News« beherrscht die Nachrichtenlandschaft. Das Internet ist voll von wütenden Tweets. In den Kommentarspalten werfen sich Menschen Worte an den Kopf, die ich mich niemals trauen würde, auszusprechen.
Trotzdem fahre ich jede Woche in die Uni, um einen Bachelor in »Online Medien« zu machen. Warum um alles in der Welt, verbringe ich so viel Zeit mit etwas, das doch so düster und unmenschlich erscheint?
Oft bin ich mir gar nicht mehr bewusst, in wie vielen Bereichen meines Lebens dieses Medium mittlerweile Einzug gehalten hat. Ein Blick in die Vergangenheit hilft dabei ganz gut. Als Kind habe ich in Nepal gelebt. Kontakt nach Deutschland hatten wir nur selten. Es war einfach unglaublich teuer, zu telefonieren. Mit jeder Minute wuchs die Telefonrechnung. Deshalb beschränkte man sich beim Reden auf das Wesentliche. Viele Jahre später, als ich wieder in Deutschland war, gab es in Nepal ein starkes Erdbeben. Ich machte mir riesige Sorgen um meine Freunde dort. Doch innerhalb von wenigen Stunden konnten sie sich auf Facebook als »sicher« melden und ich wusste, dass es ihnen gut geht. Ohne das Internet hätte ich vermutlich tagelang in der Ungewissheit gelebt, ob meine Freunde wirklich noch leben.
Das ist aber nicht alles. Um von A nach B zu kommen, muss ich keine Fahrpläne auswendig lernen oder einen Straßenatlas studieren. Wenn ich nachts um 01:00 Uhr in Mathe nicht weiter komme, kann ich mein Problem im Internet eingeben. In die Uni muss ich keine kiloschweren Leitz Ordner mehr schleppen. So vieles ist einfacher geworden!
Was mir erst vor Kurzem richtig bewusst geworden ist: Ein Projekt wie Alltagspropheten wäre ohne das Internet niemals möglich gewesen. Abgesehen davon, dass der Blog im Internet ist, wäre auch die Organisation über viele Kilometer hinweg beinahe unmöglich. Unsere Meetings finden gleichzeitig in Zagreb, Heidelberg und anderen Orten statt. Menschen, die wir noch nie getroffen haben, lesen einfach so unsere Texte. Ist das nicht crazy? Da beschließen fünf junge Erwachsene einfach ein paar Texte hochzuladen und wildfremde Menschen finden sie.
Je mehr und je länger ich darüber nachdenke, desto dankbarer werde ich. So viele Möglichkeiten, die ich vor ein paar Jahren noch nicht gehabt habe. Wie bei Vielem im Leben hat man die Möglichkeit das Internet für Gutes oder Schlechtes zu nutzen.
Doch nutze ich die »neuen Medien« nur, um freie Minuten zu füllen bzw. Zeit totzuschlagen, wie Greta es geschrieben hat?
Oder nutze ich diesen Fortschritt um etwas Neues mit Mehrwert zu erschaffen?
So viele Dinge, die für die Generation unserer Eltern weit entfernte Träume waren, halten wir nun fast selbstverständlich in der Hand. Um einen Film zu produzieren und zu veröffentlichen, hätte mein Vater tausende Mark ausgeben müssen. Heute reicht dazu eine Idee und ein Handy. Unsere Generation kann sich so glücklich schätzen. Lasst uns die Werkzeuge und Möglichkeiten, die wir haben dazu nutzen, diese neue Welt, in der wir leben mit positiven Inhalten zu überfluten!
Ein praktischer Tipp zum Schluss oder Challenge der Woche:
Mit wem hattest du schon lange keinen Kontakt mehr? Schreibe der Person doch einmal eine Nachricht!
Text: Philipp Jenny
Foto: Robin Worrall