Kennst du das? Wenn viele deiner Freunde auf einen bestimmten Kreis oder eine Gruppe beschränkt sind? Du hast Freunde in der Schule, in der Uni oder bei der Arbeit. Du hast Freunde, mit denen du zusammen Sport machst. Du hast Freunde, mit denen du abends weggehst. Vielleicht noch ein paar von früher oder von Zuhause. Ein paar in deiner Gemeinde. Mit vielen deiner Freunde verbindet dich eine, vielleicht auch zwei Interessen, aber selten mehr. Du siehst sie nur bei bestimmten Aktivitäten.
Das nenne ich funktionale Freundschaften. Sie haben eine Funktion, Absicht oder Intention. Es gibt einen Grund, warum wir genau mit diesen Freunden diese Unternehmungen machen. Etwas, das uns mit ihnen verbindet. Mit Funktion meine ich nicht, dass wir mit Menschen befreundet sind, weil wir daraus einen bestimmten persönlichen Nutzen ziehen oder sie ausnutzen oder von ihnen ausgenutzt werden. (Selbstverständlich zieht jeder Mensch aus Freundschaften einen Nutzen und natürlich gibt es auch Freundschaften, in denen man sich (gegenseitig) ausnutzt, aber dass soll an dieser Stelle nicht das Thema sein.) Sondern es geht um den natürlichen Zweck unserer Freundschaften. Ich spreche hier von (normalen) zwischenmenschlichen Freundschaften (falls es „normal“ überhaupt gibt) und nicht von Verheirateten oder Paarbeziehungen.
Lange habe ich mich gefragt, ob es überhaupt Freundschaften außerhalb der Familie gibt, die einen das ganze Leben begleiten. Freundschaften, die länger als ein Lebensabschnitt bestehen bleiben. Wenn ich mit meinen jungen, fast 22 Jahren auf mein Leben zurückschaue, war eine Vielzahl meiner Freundschaften stets auf eine bestimmte Lebensphase beschränkt. Freunde aus der Schule, Freunde im Sportverein, Freunde im FSJ.
Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass alle Freundschaften, die über einen Lebensabschnitt hinausgehen, sehr sehr selten und vielleicht sogar außergewöhnlich sind. Jeder, der ein oder zwei von dieser Sorte hat, sollte sich glücklich schätzen und alles daran setzen, sie aufrecht zu erhalten.
Doch warum ist das so? Warum sind viele unserer Freundschaften auf bestimmte Themen, Interessen oder Aktivitäten beschränkt? Und ist das eigentlich gut oder schlecht?
Neulich betete eine Frau bei einen Treffen in meiner Gemeinde darum, dass wir (sie eingeschlossen) anfangen, uns wieder mehr und wirklich für unsere Mitmenschen interessieren. Diese Worte sind noch länger in meinem Kopf hängen geblieben und haben mich ins Grübeln gebracht. Ist das denn so? Interessieren wir uns eigentlich nicht wirklich füreinander, sondern denken nur an uns selbst? Sind viele unserer Freundschaften in Wahrheit nur oberflächlich? Geht es nicht darum, möglichst viele und gute Freunde zu haben? Wie bei einem Wettbewerb ums Beliebt-Sein?
Vielleicht merkst du, dass mich das Thema Freundschaft sehr intensiv beschäftigt. Genau genommen schon mein ganzes Leben lang. Ich habe lange gebraucht, um zu verstehen, dass es nicht darum geht, hauptsache viele Freunde zu haben, auf jeder Party zu sein und alle Menschen in der Gegend zu kennen. Sondern darum, diejenigen Freundschaften zu erkennen, die das Potential haben länger zu bestehen und darin zu investieren.
Ein Problem bei dem ganzen Thema sind aus meiner Sicht die Erwartungen, die man an Freundschaften hat. Sind diese von beiden Seiten ausgeglichen, erwarte ich dasselbe wie mein Gegenüber, passt alles. Ist einer Seite die Freundschaft jedoch wichtiger, kann das äußerst kompliziert werden. Ich finde das eine der schwierigsten Herausforderungen in zwischenmenschlicher Kommunikation. Zu erkennen, dass ich und mein Gegenüber unterschiedliche Erwartungen haben. Beides ist unangenehm. Sowohl, wenn mir die Freundschaft wichtiger ist, als auch umgekehrt. Das ist nichts, worüber man gerne und einfach spricht so nach dem Motto: „Hey, wie wichtig ist die eigentlich unsere Freundschaft?“
Denn das könnte unter Umständen äußerst schmerzhaft und verletzend werden. Ich persönlich vermeide solche Gespräche lieber. Stattdessen beobachte ich mein Gegenüber, analysiere sein Verhalten und ziehe meine Schlüsse daraus. Bisher bin ich damit eigentlich ganz gut gefahren.
Was bleibt also am Ende noch zu sagen? Halte an den guten Freundschaften fest? Doch wie geht das? Und was macht eine gute Freundschaft aus?
Ich denke, der erste Schritt liegt darin, dass ich anfange, mich wieder wirklich für mein Gegenüber zu interessieren.
by spaghettihirn
Danke an Sammie Vasquez für das Beitragsbild.
Diese Balance zwischen Loslassen und dafür kämpfen ist enorm schwer zu finden. Ich hatte 1-2 solcher Freundschaften und besonders bei der einen hatte ich echt Phasen, in denen ich sie am liebsten losgelassen hätte, weil Streit und Unterschiedlichkeit sichtbar wurden. Interessanter Weise hätte ich es auf dem Herzen daran festzuhalten, auch wenn ich oft mehr investiert habe und wenig rausgezogen habe. Jetzt nach über 10 Jahren Freundschaft ist es so eine Bereicherung zu erleben wie sich so vieles positiv entwickelt und man jemand an seiner Seite wissen darf, die einen besser kennt und eine Vielzahl von Situationen kennt, bei der man sich nicht erklären muss.
Ich glaub wir müssen alle samt lernen wieder feste Freundschaften zu bauen, beginnen ehrlich zu sein und auch den Mut haben auch unangenehme Dinge anzusprechen. Vor allem Beziehung (den Freundschaft ist vergleichbar mit einer Liebesbeziehung) auch aus Gottes Augen zu betrachten und diese bewusst auch zu segnen und darum zu beten, auch wenn mein Gegenüber vielleicht nicht im Glauben steht.