„Glaubst du, dass es einen Gott gibt?“

Da war sie wieder. Die Frage, die Chance und Gefahr zugleich war. Die Frage, die mich jedes Mal ein panisches SOS-Gebet gen Himmel schicken ließ, in der Hoffnung, daraufhin eine „richtige“ Antwort in den Wolken ablesen zu können. Die Frage, auf die ich mir selbst so sehr eine Antwort wünschte.

Es war Dienstagmorgen und eigentlich nur ein kurzes Small-Talk-Gespräch zwischen zwei Vorlesungen. Ich hatte gerade meine Sachen auf den Tisch gelegt, als meiner Kommilitonin der Sticker mit der Aufschrift „Woran glaubst Du?“ auf meinem Terminkalender auffiel.
„Glaubst du an Gott?“, fragte sie mich, „Glaubst du, dass es wirklich einen Gott gibt?“

Sie blickte mich fragend an. Ihr Blick war weniger skeptisch als erwartet. Vielleicht sogar hoffnungsvoll? Panisch suchte ich nach einer Antwort. Eine Antwort, die logisch durchdacht und überzeugend war. Eine Antwort, die ohne all die mysteriösen, christlichen Floskeln auskam und dabei noch irgendwie „cool“ klang. Doch ich hatte keine Antwort.
Wie auch?

Ich glaubte an Gott, schon irgendwie. Aber die Gründe dafür konnte ich nicht als Beweismaterial für die Existenz Gottes anführen. Sie rührten eher von persönlichen Erlebnissen, meiner sozio-kulturellen und familiären Prägung und einer inneren Gewissheit her. Wie glaubwürdig würde das klingen?
Und obwohl mein Glaube an Gott auf der einen Seite für mich das Wichtigste war, zweifelte ich ihn mehr an, als irgendetwas anderes, wovon ich überzeugt war…
Wie sollte ich jemand anderem von der Existenz Gottes erzählen, wenn ich mir selbst immer wieder die Frage danach stellte?

Dieses und viele andere Gespräche über den Glauben machten mir die Dringlichkeit bewusst, mich selbst mit meinem eigenen Glauben kritisch auseinanderzusetzen.
Woran glaubte ich? Wovon war ich überzeugt? Und vor allem: Warum?

„Ein Glaube ohne jeden Zweifel ist wie ein menschlicher Körper ohne Immunsystem. Zweifel sind dazu da, dass man mit ihnen ringt.“

aus “Warum Gott?” von Timothy Keller

Ich wollte meinen eigenen Zweifeln auf den Grund gehen und nicht länger in meinem „Schön-Wetter-Glauben“ festhängen, der alles ausblendete, was diesen infrage stellen konnte. Ich wollte mich nicht länger selbst mit meinen eigenen Zweifeln konfrontiert fühlen, wenn mir Freunde, Familienmitglieder oder Kommilitonen von den ihren berichteten. Ich wollte Perspektiven und Antworten auf Fragen finden, die ich mir selbst schon lange stellte, um schließlich auch durchdachte Antworten geben zu können.

Ich hatte Fragen wie:

– „Warum sind Menschen anderer großer Religionen genauso überzeugt von der Existenz ihrer Gottheit, wie Christen es sind?“
– „Warum legen selbst die Christen die Bibel so unterschiedlich aus und unterscheiden sich so extrem in ihrem Gemeindeleben? Was ist richtig und was ist falsch?“
– „Warum berichten Menschen, die meditieren oder mentales Training, etc. machen von den gleichen spirituellen Erfahrungen, wie ich, wenn ich gebetet und darin Gott(?) erfahren habe?“
– „Ist mein Glaube psychologisch erklärbar und bloß ein Konstrukt, dass mich Krisen besser aushalten lässt und meinem Leben einen Sinn verspricht?“
– „Wie kann Gott jeden einzelnen Menschen auf der Welt aus Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart lieben und kennen?“

Ich entschloss mich damals dazu, neben meinem eigentlichen Lehramtsstudium noch das Fach „evangelische Theologie“ zu studieren. Ich wollte mehr über die Bibel, ihre Hintergründe und den christlichen Glauben erfahren. Darüber hinaus las ich viele Bücher, führte unzählige Gespräche, hörte Predigten und stellte viele Theorien auf. An dem einen Tag war ich völlig überzeugt von Gottes Existenz, am anderen hielt ich alles bloß für einen Irrglauben. Endlich gefundene Antworten lösten wieder neue Fragen aus oder konnten sich in der Diskussion mit anderen nicht behaupten. Es gab schließlich kein objektives „Richtig“ oder „Falsch“.

Ich rang mit Gott, betete um Beweise und Sicherheiten, stellte ihn auf die Probe, klagte ihn an und wandte mich von ihm ab und dann wieder zu. Ich wägte ab, welche Indizien für die Existenz Gottes sprachen und welche dagegen. Ich konnte trotz meines neuen Wissensschatzes Gott nicht beweisen, aber ich konnte auch nicht das Gegenteil tun.
Mein Fazit: die Wahrscheinlichkeit, dass es Gott gab, war für mich höher, als die, dass Gott nur ein altmodisches Hirngespinst aus früheren Zeiten war.

Hatte ich auf jede meiner Fragen eine triftige Antwort gefunden? Nein, aber ich hatte neue Perspektiven, mögliche Erklärungsansätze und nach all dem Ringen mit Gott einen festeren Glauben an ihn als zuvor.

Und meine Antwort auf die Frage meiner Kommilitonin?
Nun ja, Glaube ist keine Wissenschaft und beruht nicht auf nachweisbaren Fakten, sondern auf einer inneren tiefen Überzeugung. Für diese, bzw. meine, tiefe Überzeugung kann ich zwar einige sehr gute Gründe nennen, doch daran glauben, muss sie selbst.
Und eins ist für mich ganz sicher: sich heute auf die Suche nach Gott zu begeben und sich mit seinen Zweifeln auseinanderzusetzen ist in jedem Fall besser, als es eines späteren Lebtages zu bereuen, das nicht schon längst gemacht zu haben.

Jahreslosung 2020: „Ich glaube, hilf meinem Unglauben!”

Eure Greta,
die euch wärmstens das Buch „Warum Gott?“ von Timothy Keller empfehlen kann!

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