Lieber Weihnachtsmann,
wir kennen uns jetzt schon 21 Jahre und ich glaube, es ist an der Zeit, dass ich mich mal melde.
Weihnachten ist jetzt schon ein paar Tage her. Die Geschenke ausgepackt. Der Braten gegessen. Die Weihnachts-CD steht wieder hinten im Regal. Die Gottesdienste in diesem Land sind wieder zu der üblichen Anzahl der Besucher zurück geschrumpft. Diese verrückte, überladene Zeit ist für dieses Jahr vorbei. Und ich bin mal wieder in diesem Loch. In dem Loch zwischen Weihnachten und Silvester.
Um mal zum Punkt zu kommen, lieber Weihnachtsmann: Dein Konzept des Schenkens finde ich sehr merkwürdig. Diese eine Frage, die du jedes Jahr stellst, die stört mich schon lange.
Mit meinen 21 Jahren weiß ich natürlich, dass es dich gar nicht wirklich gibt. Aber diese Frage verfolgt mich trotzdem jedes Weihnachten. Nicht nur in Filmen. Nein! Auch sonst ist diese Frage in meinem Kopf festgeklettet. Immer wenn ich sie gerade verdrängt und weggesperrt habe, kommt sie wieder zurück und beißt sich nochmal tiefer in mein Denken hinein.
»Warst du dieses Jahr auch schön brav?«
Als Kind war meine Antwort darauf natürlich immer: Ja.
Klar! Sonst bekomme ich ja keine Geschenke! Das wäre fatal! Was wäre das für ein Weihnachten? Ohne Geschenke?
Aber wenn ich heute genau darüber nachdenke muss ich ehrlich sagen: Nein. Ich war nicht brav! Aber wenn du ehrlich bist, lieber Weihnachtsmann, weder ich, noch du waren brav!
Weihnachten ist eine Zeit, in der man viel über das vergangene Jahr nachdenkt. Ich habe mehr Zeit zum nachdenken, als sonst. Was ist in den letzten 365 Tagen passiert? Was war gut? Was war schlecht? Wie habe ich mich verhalten?
Ich muss feststellen: Das Leben ist schwierig. Es ist komplex. Vieles geht drunter und drüber. Wenn ich so an das vergangene Jahr denke, muss ich sagen: Es ist schwer ein guter Mensch zu sein. Immer brav zu sein. Auch, wenn ich es so sehr versuchen würde. Auch, wenn es nur für einen Tag – oder sogar für eine Stunde – wäre. Ich werde es aus eigener Kraft nicht schaffen ein guter – oder wie du es so gerne formulierst, ein braver – Mensch zu sein.
Und wenn wir schon mal bei dem Thema sind: Wenn es an Weihnachten um eines geht, dann doch nicht darum, ob ich brav war oder nicht. Ist Weihnachten etwa das Fest der perfekten Menschen? Ganz im Gegenteil! Es ist das Fest der Gnade. Gnade ist ein unverdientes Geschenk! Ich habe es nicht verdient! Ich kann nichts dafür tun, dass ich es bekomme. Es ist im Prinzip vollkommen egal, ob ich ein guter oder schlechter Mensch war. Wichtig ist bloß, dass ich bereit bin dieses Geschenk, das mir gegeben wird, anzunehmen. Um es kurz zu fassen, lieber Weihnachtsmann: Ich bin bereit dazu! Hör also bitte auf andauernd zu fragen, ob ich auch schön brav war.
Weihnachten heißt nicht, dass ich ein Geschenk bekomme, weil ich so perfekt bin. So ein toller Typ bin. Das ist doch nicht die gute Nachricht! Ich gebe anderen doch auch nicht Geschenke, nur weil sie perfekt sind – keine Fehler machen. Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn!
Ich mache anderen Geschenke, weil ich sie lieb habe! Weil ich ihnen zeigen möchte, dass ich sie gern habe. Egal was sie tun. Egal wie viele Macken sie haben. Es geht nicht darum, was sie geleistet haben.
In all dem Durcheinander und Chaos des Lebens, hat Gott mir an Weihnachten ein Geschenk gegeben. Ein Geschenk der Gnade. Dieses Geschenk ist Jesus. Ein Geschenk für mich. Ein Geschenk für dich!
Nicht, weil ich perfekt bin.
Nicht, weil ich es verdient hätte, sondern weil ich geliebt bin. Geliebt von Gott.
Das ist Weihnachten!
Nachträglich noch frohe Weihnachten und komm gut ins Neue Jahr!
Dein Philipp