Menschenfurcht

Wer von euch kennt nicht dieses brennende Gefühl in der Brust, wenn das Herz einem bis zum Hals schlägt und man das Gefühl hat, etwas sagen oder tun zu müssen, um nicht zu platzen? Und sich dann aber nicht traut… Sei es, um Standpunkte klarzustellen, sich verletzlich zu machen, indem man Schwächen und Fehler zugibt oder eben indem man sagt, dass man an Jesus glaubt. Dies war nämlich ein Punkt, an dem ich sehr viel zu knabbern hatte. Wie oft wollte ich von Gott erzählen und was er in meinem Leben getan hat? Dass ich glaube, dass Jesus Gottes Sohn und auferstanden ist? Und wie oft bin ich einfach nur still geblieben? Wie oft hat mir der Mut gefehlt, mich auf seine Seite zu stellen… Und wie oft habe ich mich einfach nur für meinen Glauben geschämt…

In diesen Situationen gewinnt sie dann schon wieder. Die Angst. Die Furcht davor, was andere denken könnten.

Oft bat ich Gott darum, mir Mut zu schenken und mich zu jemandem zu machen, der für und mit ihm lebt. Und das eben nicht nur in christlichem Umfeld, sondern überall. Trotzdem lebte ich weiter in meinem kleinen Doppelleben. Ich merkte, wie sich einfach nichts veränderte und wurde hilflos angesichts meiner Angst. Bis ich auf einer Konferenz vor zwei Jahren eine Mitarbeiterin darum bat, für mich zu beten. Ich wusste genau, dass ich etwas ändern wollte und auch musste. Wie in 2. Timotheus 1:7 steht, wollte ich mich meines Glaubens und Gott nicht schämen. Doch genau dies tat ich ja. Ich ergriff also den Mut und erzählte dieser Frau davon, doch insgeheim glaubte ich selbst nicht daran, dass sich noch etwas ändern würde.

Und das tat es auch erst nicht. Erst Anfang dieses Jahres nahm ich plötzlich eine Veränderung in mir wahr. Durch ein Ereignis in meiner Ausbildung, wurde mir plötzlich klar, wie offen ich auf einmal mit meinem Glauben umgehen konnte. An diesem Tag kamen mir Bibelverse und Gedanken in den Sinn, die ich mit meinen Kolleginnen teilte und damit einen klaren Standpunkt bezog. Im Nachhinein weiß ich, dass diese Stärke und der Mut nicht aus mir kamen, sondern Gott sie mir gegeben hatte. Ich merkte, wie mich Gott in diesem Punkt tatsächlich verändert hatte und mich frei davon gemacht hatte, meinen Glauben verbergen oder verharmlosen zu müssen. Und diese krasse Veränderung habe ich anfangs nicht einmal bemerkt.

Was ich aus diesen zwei Jahren gelernt habe, ist Folgendes: Veränderungen im Leben sind ein Prozess. Und nicht immer nehmen wir diesen auch wahr. Bei manchen dauert er eben länger, bei anderen kürzer, was um ehrlich zu sein, ziemlich frustrierend sein kann. Ich brauchte einfach ganze 2 Jahre, um zu erkennen, dass Gott die ganze Zeit an mir gearbeitet hatte. Durch diesen Prozess wollte er mich letztendlich zu der Person machen, die er schon die ganze Zeit vor sich gesehen hatte.

Oft erwarten wir von Gott, dass wir nur ein kleines Gebet sprechen müssen und schon werden wir zu den Menschen, die wir sein wollen. Doch genau das ist der falsche Ansatz. Denn erstens ist Gott kein Wunschautomat, der uns gibt, was wir wollen und zweitens können wir nicht erwarten, dass wir uns von einem auf den anderen Tag in einen anderen Menschen verwandeln.

Vor kurzem habe ich eine sehr gute Predigt gehört, die das Thema „Veränderung“ angesprochen hat. Dabei wurde Gott mit einem Töpfer verglichen. Ein paar Punkte sind mir besonders in Auge gestochen:

  • Ein Töpfer nimmt nie seine Augen von dem Ton, den er formt.
  • Der Ton wird nur zu einem schönen Gefäß, wenn er sich dem Töpfer „überlässt“.
  • Der Ton wird von innen nach außen geformt.
  • Ein Töpfer schmeißt niemals einen Tonklumpen weg.

Vielleicht klingt dies auf den ersten Blick völlig aus dem Kontext gerissen, aber wenn ich mir Gott als den Töpfer vorstelle und mich selbst als den Tonklumpen, erkenne ich viele Parallelen dazu, wie Gott mich geformt hat und es immer noch tut. Denn das muss ich zugeben; ich bin noch lange nicht an dem Punkt angekommen, an dem ich sagen könnte, das ich ein „perfekter“ Christ bin. Das wird wahrscheinlich auch nicht passieren.

Das Coole an der ganzen Sache ist: Gott erwartet nicht von uns, das wir uns aus eigenem Können oder eigener Kraft verändern müssen. Letztendlich muss ich zugeben, dass alles in seiner Hand liegt und ich gewissermaßen nur ein Klumpen bin, der darauf wartet und bereit ist, geformt zu werden.

Gott hat uns nicht einen Geist der Furcht, sondern der Kraft gegeben. Deswegen schäme ich mich nicht für meinen Glauben und für Gott. Er hat uns ja gerettet und dazu berufen, ein Zeugnis für ihn zu sein und ihn zu verkünden.“

2. Timotheus 1, 7

Eure Larissa


Danke an unsplash.com für das Foto.

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