Wir brauchen deine Existenz

Hoffnung. Das ist, was am Ende dieses Beitrags bleiben soll. Und ich weiß, dass der ganze Part dazwischen vermutlich eher in eine gegenteilige Richtung geht. Ich weiß, dass ganz vieles von dem, was ich hier schreibe, nicht danach klingt, als ob ich diejenige sein sollte, dir was von Hoffnung zu erzählen. Aber ich weiß, dass Hoffnung der einzige Grund ist, warum ich heute überhaupt noch irgendwas zu sagen habe. 

Ich habe mich in so vielen Nächten gefragt, ob es einen Unterschied machen würde, wenn ich am nächsten Tag nicht mehr da wäre. Ich habe mich so oft gefragt, ob mein Tod überhaupt auffallen würde. Ob meine Existenz auf der Welt einen Unterschied macht. Ob jemand mich für das wahrnimmt, was ich bin. Ob mich jemals jemand lieben wird. Ob ich auf dieser Welt irgendeine Bedeutung habe. Meine Reaktion auf all diese Fragen waren Selbstmordgedanken.

Das Ding ist aber, die Antwort auf jede einzelne dieser Fragen ist JA. Falls du dir auch nur eine dieser Frage je gestellt hast, lautet die Antwort darauf: JA! Aber in meinem Leben habe ich meistens auf diese Stimme gehört, die mir weismachen wollte, die Antwort sei Nein. Depression. Ich musste ganz schmerzlich lernen, dass Depression lügt. Wirklich immer. Ich musste lernen, dass es zwar sehr viel schwerer ist, nicht darauf zu hören, sich aber im Endeffekt immer lohnt. Und ich durfte verstehen, dass ich so viel stärker bin, als ich meine zu sein. Und das bist DU auch.

Depressionen sind deswegen gefährlich, weil sie alles in Frage stellen, was über dein Leben wahr ist. Dass DU aus einem guten Grund hier bist. Dass DU geliebt wirst. Dass ein wunderbarer Schöpfer DICH wahrnimmt und seine Hand über DIR hält. Dass DEINE Existenz einen riesigen Unterschied macht. 

Ich kannte und kenne all diese Wahrheiten und Aussagen und es klingt so leicht, wenn jemand sagt, du musst das nur glauben. Aber das war und ist ein einziger Kampf. Und es klingt so leicht, wenn jemand sagt, du musst doch nur weiteratmen. Doch in Phasen, in denen ich wusste, dass der Schmerz in mir, wenn ich ihn noch ein kleines bisschen länger aushielte, mir den Atmen rauben und ich zusammenbrechen würde, schien selbst Atmen unmöglich zu sein. Während solcher Panikattacken war das Badezimmer oft der Ort, an den ich flüchten konnte und wo ich mich mehr als einmal auf den kalten Badezimmerboden legte und glaubte, im nächsten Moment zu ersticken. Weil ich nicht mehr wusste, wie ich noch Luft bekommen sollte. Weil meine Panik und Angst so groß waren, dass meine Herzschlagfrequenz gefährlich hohe Werte erreichte. Weil alles nur noch schwarz war. Weil mich das Ende nicht überrascht hätte. 

Dabei wollte ich nie wirklich sterben, aber ich hatte das Gefühl nicht mehr leben zu können. 

Gleichzeitig tat es in anderen Momenten so gut zu wissen, dass alles, was ich tun musste, atmen war. Nichts leisten, nichts vorweisen. Nur atmen. Und dennoch war ich geliebt. Niemand brauchte meine Perfektion. Aber meine Existenz war unabdingbar. Mein Atmen und mein Sein wurde und werden weiterhin gebraucht! Das trifft mich immer wieder. Gerade dann, wenn ich es nicht glauben kann. Gerade dann, wenn meine Perfektion sich sonst wo rumtreibt. Bedingungslos geliebt zu sein, ist ein unendliches Privileg. Und der Schöpfer des Universums bringt mir und dir diese selbstlose und völlig unverdiente Liebe entgegen. 

Das durfte ich immer wieder erleben und habe dann lange nach dem gesucht, was ich von diesem einen chaotischen und kostbaren Leben erwarte. Dabei durfte ich feststellen, dass das Leben meist unfassbar schwer und zugleich ganz leicht ist. Das Leben ist selten schwarz und weiß. Ich habe Träume für mein Leben und gleichzeitig gibt es Momente, in denen mir all diese plötzlich gleichgültig erscheinen und in denen alles, was ist und wovon ich träume an Relevanz verliert und nur dieser eine Gedanke bleibt: irgendwie aussteigen zu wollen.

Mich dann immer und immer wieder fürs Leben entscheiden zu müssen, verlangt mir Vieles ab. Aber es gibt mir gleichzeitig auch so viel MEHR zurück. Wie viele wunderschöne Momente, Chancen und Begegnungen hätte ich sonst verpasst. Und ja, für mich war Hoffnung nie einfach da, sie war immer eine Entscheidung. Immer eine Herausforderung. Und es immer wert.

Dennoch ist mein ganzes Leben ein Kampf, den ich entweder gewinne oder beim Versuch zu gewinnen, sterbe. Ich wünschte das wäre anders. Ich wünschte ich hätte nicht so viel für dieses Leben zu kämpfen. Ich wünschte, es wäre ein kleines bisschen leichter. Das einzige, was es möglich macht, weiter vorwärts zu gehen, ist Hoffnung. 

Hoffnung macht es möglich nicht aufzugeben. Dieses Jahr wurden so viele Dinge abgesagt, auf die ich hingelebt habe. Aber Hoffnung wird niemals abgesagt werden. Ich weiß, dass das wahr ist. An manchen Tagen kostet es mich dennoch alles an der Hoffnung festzuhalten. An Tagen, an denen alles in mir bereit ist zu sterben. An Tagen, an denen es mir schwerfällt, den nächsten Atemzug zu machen. An Tagen, an denen ich stundenlang mit der Rasierklinge in der Hand dasitze. An Tagen, an denen ich mich zwingen muss, nicht auf Parkhausdächer zu steigen. An Tagen, an denen ich des Lebens einfach müde bin.

Aufgeben wäre nicht schwer. Zum Aufgaben braucht es nicht viel. Aber Heilung braucht die Bereitschaft zu Kämpfen. Heilung braucht Zeit. Und es ist so wichtig sich diese Zeit zu nehmen! Zeit zu kämpfen und zu hoffen und niemals aufzugeben!

Die Wahrheit ist, die Welt wäre nicht die Gleiche ohne DICH darin. Schon allein, weil du Menschen in tiefster Trauer und mit unfassbarem Schmerz zurücklassen würdest. Selbstmord mag sich nach dem einfachsten und selbstlosesten Ausweg anhören, aber das ist schlichtweg nicht wahr! 

Ich weiß, wie sich Schmerz anfühlt, der unaushaltbar ist. Ich habe Erfahrungen mit Autoaggression und Selbstverletzung. Ich weiß, wie sich Einsamkeit und Verzweiflung anfühlen. Ich weiß, wie es ist, wenn man einfach nicht mehr weiterleben will. Aber Selbstmord ist nicht die Antwort darauf! Es mag sein, dass du das als einzigen Ausweg siehst, ich kann das verstehen. Aber ich will dir Mut machen, dein Leben nicht wegzuwerfen, sondern in Gottes Hände zu legen. 

Als ich mit 13 zum ersten Mal nicht mehr existieren wollte, habe ich Gott mein Leben gegeben. Ich wollte dieses Leben nicht mehr, aber er hatte irgendwie dafür gesorgt, dass ich weitergelebt habe. Also sollte er sich gefälligst was Gutes für mein Leben ausdenken. Das hat er auch getan. Es hat allerdings zwei weitere Selbstmordversuche gebraucht, bis ich den unfassbaren Wert meines Lebens wirklich verstanden habe. Es hätte mich nicht gewundert, wenn mich meine eigenen Handlungen das Leben gekostet hätten. Bis heute ist mir unerklärlich, warum sie das nie getan haben und warum da immer irgendjemand oder irgendwas war, das mich aufgehalten hat. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass Gott dabei ein entscheidende Rolle gespielt hat. Heute bin ich einfach nur dankbar, an keinem dieser Tiefpunkte gestorben zu sein.

Ich durfte lernen, dass das Leben die meiste Zeit bunt und Hoffnung der kleine weiße Streifen am Horizont ist. Die Frage ist nur, wie navigieren wir durch die Zeiten, in denen das anders ist? Depression hat mein Leben dunkelgrau gemacht. Die Suizidversuche waren die schwärzesten Momente. Aber gerade in diesen Momenten brauchte ich die Hilfe anderer Menschen, die den Horizont noch im Blick hatten, als ich ihn nicht mehr sehen konnte. 

Für selbstbewusste und eigenständige Menschen wie mich ist das eines der härtesten Dinge, die ich je getan habe – einzugestehen, dass ich Hilfe brauche. Zuzugeben, dass ich es allein nicht mehr schaffe. Der Pastor Steve Austin hat wunderschön formuliert, was passiert, wenn wir uns dazu durchringen, anderen Menschen von unseren Problemen und Kämpfen zu erzählen.

Die Kraft der Verletzlichkeit, des Mutes und der Gnade hat mein Leben verbessert. Allerdings ist das nicht von heute auf morgen passiert. Transformation ist gekommen, als ich mit anderen Menschen mitten in unserer Zerbrochenheit Beziehung gelebt habe.

Steve Austin auf twloha.com/blog/being-christian-and-living-with-a-mental-illness/

Genau das durfte ich auch erfahren. Verletzlichkeit macht uns nicht schwach, sie macht uns stärker. Und sie gibt uns die Möglichkeit auf ganz besondere Art, anderen Menschen Hoffnung zu schenken, weil wir selbst ihren Schmerz so gut kennen. Wir sind Hoffnungsträger und wir waren niemals dafür gemacht, allein durch dieses Leben zu gehen. 

Ich habe drei Menschen in meinem Leben als Notfallkontakte in meiner Suicide Safety App, die ich wirklich jederzeit anrufen kann und mit denen ich bereit bin, meine schlimmsten Momente zu teilen. Ich wüsste nicht, was ich ohne diejenigen tun würde. Und um sicher zu gehen, dass mich nicht mein Stolz davon abhält mich an diejenigen zu wenden, und einen dummen Fehler zu machen, habe ich außerdem das Wort alive (lebendig) auf mein Handgelenk tätowieren lassen. Trotz allem was war, bin ich noch am Leben. Und das ist auch der einzige Zustand, in dem ich mich befinden sollte. Für den ganzen Rest meines Lebens. 

Falls da niemand ist, den du anrufen kannst oder willst, hoffe ich trotzdem inständig, dass du mit deinen Gedanken nicht allein bleibst. Bitte sprich mit jemandem. Irgendwem. Einem Pastor oder einem Telefonseelsorger zum Beispiel.

Die TelefonSeelsorge® erreichst du 24-7 unter der Telefonnummer 0800 / 111 0 111, 0800 / 111 0 222 oder 116 123. Außerdem per Mail und Chat unter online.telefonseelsorge.de.

Ich jedenfalls werde weiter hoffen, weiter kämpfen und weiter leben. 

Letztendlich wünsche ich jedem von euch, dass ihr in eurem eigenen Leben solche Menschen findet und eure Todessehnsucht niemals stärker ist als euer Lebensmut! Passt auf euch auf.

xoxo, eure Karo

Your life matters. You’re needed. You’re loved.

Linkin Park

Weitere Links:

Der englischsprachige TWLOHA Blog hilft mir immer und immer wieder.

Da Suizidprävention so wichtig ist, haben die Leute von frnd hier Infos rund ums Thema gebündelt. Schaut gerne auch auf deren Instagram Channel vorbei!

Auch Lukas & Jana haben sich bei uns schon Gedanken zum Thema gemacht. Einfach auf die Namen klicken und du kommst direkt zu ihren Beiträgen.

Mein dankbares Herz

Lea-Marie, 24 Jahre alt, begeisterte Tagebuchschreiberin, starte meinen Tag am liebsten mit einer Tasse Kaffee und Jesus, koche & backe leidenschaftlich gerne. Staune immer wieder gerne über Gottes wunderbare Schöpfung und freue mich über jeden Baum, den ich umarmen kann 😊

Ich sitze mit einer Tasse Kaffee in der Sonne und denke nach. Ich nehme einen Schluck von dem heißen Kaffee, atme tief ein und aus, spüre die wärmende Morgensonne in meinem Gesicht. Noch ein Schluck. Noch ein Atemzug. Noch ein Sonnenstrahl. In meinem Herzen tiefe Dankbarkeit.

Gedanklich spule ich 20 Jahre zurück und finde mich als kleines Mädchen in einer Bäckerei wieder. Meine Augen werden größer als mir die Verkäuferin eine Packung Gummibärchen entgegenstreckt. Sichtlich erfreut nehme ich das Geschenk an und reiße mich gerade noch zusammen, die Packung nicht sofort zu öffnen und aufzuessen. Da ertönt auch schon die Stimme meiner Mutter „Und wie sagst du jetzt?“ Schüchtern flüstere ich ein „Danke“.

Vielleicht kommt dir eine solche Situation bekannt vor. Ich erinnere mich an viele solcher Situationen. Und nicht nur ich musste als Kind immer wieder daran erinnert werden „Danke“ zu sagen, auch meine jüngeren Geschwister (was definitiv beruhigend zu beobachten war, dass nicht nur ich das „Danke“ andauernd vergessen habe). Und auch heute noch beobachte ich Eltern, die ihre Kinder immer wieder daran erinnern „Danke“ zu sagen.

Ich erinnere mich auch noch daran, dass ich als Kind oft genervt davon war. Heute weiß ich, dass dieses Wort großes bewirken kann. Mir ist es wichtig, dass ich mich für Dinge bedanke und dass Menschen sich bei mir bedanken. Allerdings habe ich auch oft den Eindruck, dass das Wort nur daher gesagt wird. Wir sagen es oft aus Höflichkeit, als Ritual, weil es sich eben so gehört – so habe ich es als Kind auch empfunden – auch wenn ich mich nicht über etwas gefreut habe, so wurde von mir erwartet, dass ich „Danke“ sage. Da war zum Beispiel ein Geburtstagsgeschenk, welches mir nicht gefiel, aber natürlich bedankte ich mich aus Höflichkeit. Schließlich habe ich es geschenkt bekommen.

Danke – eine Floskel wie Hallo und Tschüss!?

Auf meinem weiteren Lebensweg und vor allem in den letzten Jahren habe ich einen anderen Blick auf das Danken bekommen und mir wird es von Jahr zu Jahr wichtiger. Und ja, das Wort „Danke“ nehme ich im Alltag trotzdem noch häufig als Floskel wahr und nicht immer kommt es von Herzen. Umso schöner ist es eine Dankbarkeit spüren zu können, die aus tiefstem Herzen kommt und so richtig authentisch ist. Dann braucht es das Wort „Danke“ oft auch nicht mehr. Dann reicht ein Blick, ein Lächeln oder dass ich dem anderen Menschen, dem ich „Danke“ sagen möchte etwas Gutes tue. Oh, wie ich diese Begegnungen mit Menschen liebe, die aus tiefstem Herzen dankbar sind!

Ich blicke in den wolkenlosen Himmel, nehme noch einen Schluck von dem Kaffee und lächle der Sonne entgegen. In meinem Herzen wird es warm.

In den letzten Wochen hatte ich das Glück so eine tiefe Dankbarkeit bei mir selbst zu spüren und zu erleben.

Es ist eine verrückte Zeit, in der wir leben. Eine Zeit, in der wir nicht so richtig wissen, wie das Leben weiter geht (wobei eigentlich weiß ich das nie so richtig, aber nun ja, gerade ist es schon etwas anders). Ich weiß noch nicht was im Sommer ansteht, wie mein nächstes Semester aussieht – ich lebe gerade einfach Tag für Tag. Eigentlich wie sonst auch – aber irgendwie auch nicht. Es ist anders! Und ja, mir fehlt der „ganz normale“ Alltag. Trotzdem genieße ich diese besondere Zeit, welche ich als Entschleunigung erlebe. Diese Entschleunigung hat mich so Vieles gelehrt. Ich habe gelernt, lerne weiterhin und werde stärker, aber vor allem hat mich die letzte Zeit, um eines bereichert: Ein dankbares Herz.

Die letzten Monate haben mir gezeigt, wie schön es ist als wachsame Beobachterin durch die Welt zu gehen und meine Umgebung bewusst wahrzunehmen.

Die letzten Monate haben mir gezeigt, wie schön es ist für die kleinen Dinge im Leben dankbar zu sein und wie viel Freude ich an den kleinen Dingen haben kann.

Und letztendlich wurde mir in den letzten Monaten wieder ganz deutlich bewusst, dass das ganze Leben ein Geschenk ist. Ja! Ein Geschenk! Was heißt das? Ein Geschenk ist etwas, für das ich nichts getan habe – jemand schenkt es mir aus Liebe. Und erst wenn ich es auspacke und erlebe, kenne ich den Inhalt. Mein Leben habe ich angefangen und teilweise schon „ausgepackt“, aber im Prozess des Erlebens stecke ich noch immer. Ich kenne den Inhalt dieses Geschenks noch nicht ganz. Ich denke es ist wie ein bunte Knalltüte – voller Überraschungen! Und bei diesem Gedanken fällt mir wieder ein, was mir als Kind eingetrichtert wurde – für ein Geschenk sollte ich mich bedanken! Daher sag ich meinen Schöpfer heute einfach mal „Danke“. Danke für mein Leben!

Und während ich so in der Sonne sitze und meinen Kaffee schlürfe stelle ich fest, was mir diese Zeit bringt: ein dankbares Herz!

Erkenntnisse und Momente, wie diese sind wunderbar! Ich hänge meinen Gedanken nach und mir fällt auf, wie schön es ist, dankbar zu sein! Danke sagen zu können, zu einem wunderbaren Schöpfer und Vater, der mir mein ganzes Leben schenkt. Und noch mehr möchte ich ihm danken für mein dankbares Herz, durch dessen Perspektive mir das Leben viel leichter, schöner und bunter erscheint!

Das Manna in meinem Leben

Das Jahr 2019 ist vorbei und ein neues Jahr hat begonnen. In den letzten Dezembertagen vor Silvester habe ich mir viel Zeit genommen, um die Ereignisse und Gefühle des letzten Jahres Revue passieren zu lassen. Ich schrieb alles für mich auf. Schönes, wie Schmerzhaftes.
Dann nahm ich meine alten Tagebücher hervor und las darin, was ich die letzten Jahre aufgeschrieben hatte. Dabei stieß ich auf folgenden Eintrag, zu dessen Zeitpunkt ich in Tansania meinen Freiwilligendienst gemacht habe. Dort unterrichtete ich gemeinsam mit meiner Mitfreiwilligen Betty für ein Jahr an einer Schule und half bei einem Patenschaftsprogramm mit.
Die Lebensbedingungen waren dort sehr einfach und das Dorf und die Kirchengemeinde, wo ich gelebt habe, sehr arm.

Tagebucheintrag vom 3. Januar 2016:
„Heute war Sonntag. Also waren Betty und ich im Gottesdienst. Es war schön, unsere Familien und Freunde wiederzusehen und mit ihnen zu singen und zu beten. Der Gottesdienst hat heute mal wieder fast fünf Stunden gedauert. Typisch Tansania!
Mchungaji (Pastor) Maro hat eröffnet, dass sich die Gemeinde von dem Kirchengeld drei neue Plastikstühle kaufen konnte, sodass weniger Gottesdienstbesucher auf Holzbänken sitzen müssten. Die Gemeinde ist daraufhin aufgestanden und hat um die Stühle herumgetanzt, gesungen und laute Dankesgebete ausgerufen. Und das ganze 30 Minuten lang… Puuuh!
Betty und ich mussten erst lachen, weil wir das für etwas übertrieben hielten. Es sind drei Plastikstühle…
Doch nach dem Gottesdienst unterhielten wir uns darüber beim (sehr verspäteten) Mittagessen und plötzlich schämten wir uns für unsere Gedanken. Für uns waren die drei Plastikstühle relativ unbedeutend. Schließlich stehen in meiner Heimatgemeinde 200 hochwertige Holzstühle aufgereiht in einem großen, gut ausgestatteten Saal, von denen einige eigentlich immer unbesetzt blieben.
Die stehen also einfach nur so rum… Holzstühle!
Die Dankbarkeit, die unsere tansanischen Freunde empfanden, konnten wir im ersten Moment nicht nachvollziehen, weil der „Luxus“ von drei Plastikstühlen für uns so selbstverständlich, irgendwie alltäglich war. Wie schade!“

Unter die Zeilen hatte ich einige Wochen später eine Notiz gekritzelt: #Manna #2.mose 16
Nach dem Lesen des Beitrags folgte ich meinem eigenen Hinweis und versuchte herauszufinden, was hinter meiner eigenen Notiz steckte.
Ich fasse mal kurz zusammen:

Das Volk Israel lebte lange Zeit in Sklaverei unter dem Pharao in Ägypten. Gott befreite das Volk auf wundersame (!) Weise durch Moses und Aarons Einsatz und führte es hinaus in die Wüste. Seit 2 ½ Monaten sind sie nun unterwegs und die Leute beginnen zu jammern:
Ach, hätte der HERR uns doch in Ägypten sterben lassen! Dort hatten wir wenigstens Fleisch zu essen und genug Brot, um satt zu werden.“ (2.Mose 16,3)

Daraufhin spricht Mose mit Gott und bittet ihn um Hilfe. Gott antwortet einmal wieder mit einem krassen Wunder:
„Ich habe die Klagen der Israeliten gehört. Darum sag ihnen: Heute Abend, wenn es dämmert, werdet ihr Fleisch zu essen bekommen und morgen früh so viel Brot, wie ihr braucht!“
Am selben Abend zogen Schwärme von Wachteln heran und ließen sich überall im Lager nieder. Und am nächsten Morgen lag Tau rings um das Lager. Als er verdunstet war, blieben auf dem Wüstenboden feine Körner zurück, die aussahen wie Reif. Und das Volk Israel nannte es Manna. Sie waren weiß wie Koriandersamen und schmeckten gebacken wie Honigkuchen. (2.Mose 16, 12-14; 31)

Wir sehen: Gott versorgt sein Volk. Doch nach einiger Zeit ist den Israeliten das Manna nicht genug. Sie sind unzufrieden und weinen:
„Niemand gibt uns Fleisch zu essen! In Ägypten war das anders! Da bekamen wir umsonst so viel Fisch, wie wir wollten, da gab es Gurken, Melonen, Lauch, Zwiebeln und Knoblauch. Aber hier haben wir nichts außer jeden Tag dieses Manna. Darauf ist uns der Appetit gründlich vergangen!“ (4. Mose 10, 4-6)

Nur kurz fürs Protokoll:
Die Israeliten sind endlich frei und nicht länger Sklaven des Pharaos. Damit sie endlich fliehen konnten, hat Gott das ein und andere Wunder vollbracht, hat Plagen geschickt und das Meer mal eben in zwei geteilt. Normal ist das nicht. Damals wie heute. Doch anscheinend selbstverständlich. Jedenfalls für die Israeliten.

Nun befinden sie sich in der Wüste. Kein Ort, an dem normalerweise langes Überlegen möglich ist. Doch Gott versorgt sie mit einer (selbst heute) unerklärlichen Nahrung, die nach Honigkuchen schmeckt… HONIGKUCHEN!

Das Manna in ihrem Alltag ist für sie nach kurzer Zeit „Standard“ geworden und kein Grund mehr zu feiern, sondern Grund zum Weinen.
Echt jetzt?!

Ich denke an meine Gemeinde in Tansania.
Sie nahmen diese drei Plastikstühle nicht als selbstverständlich hin. Nein, sie waren ihr Manna und sie haben Gott dafür gedankt, in dem sie um sie herumtanzten und sangen.

Ich nehme mir ein weiteres, weißes Blatt Papier hervor und sammle darauf all die „Kostbarkeiten meines Alltags“, die für mich mittlerweile als selbstverständlich galten.
Oben drüber schreibe ich: „Das Manna in meinem Leben“.

Was ist dein Manna?

Impuls zum neuen Jahr:
Seit einigen Jahren ändere ich immer am 1.Januar mein Computerpasswort. Nicht unbedingt aus Sicherheitsgründen, sondern weil das Passwort mich an „mein persönliches Motto für das Jahr“ erinnern soll. Ich gebe dieses Passwort schließlich mehrmals täglich ein – mal mehr und mal weniger bewusst. Und so begleitet mich dieses besondere Wort das ganze Jahr über und erinnert mich an das, was mir wichtig ist oder was ich mir wünsche.

2019 war es „ER beruhigt“, weil ich mir wünschte, mehr zur Ruhe zu kommen und nur Gott meine innere Unruhe stillen konnte, wenn mir wieder einmal alles zu viel wurde

Und 2020? Nun ja, wenn ich das nun verraten würde, bräuchte ich meinen Computer nicht mehr passwortsichern… 😉

Aber ich möchte DICH gerne dazu ermutigen, es mir gleich zu tun und Dich täglich neu von deinem Passwort an deinen Jahreswunsch oder dein Jahresgebetsanliegen erinnern zu lassen.
Kleiner Sicherheitstipp: ergänze das Wort mit ein paar Zahlen und Satzzeichen #safetyfirst

Eure Greta,
die jetzt erstmal ihr Laptop-Passwort für 2020 ändert.