Herzschmerz ist ein Arschloch!

„Mehr als alles andere behüte dein Herz.“ – Sprüche 4,23

Ich werde gerne von anderen Menschen gemocht, geschätzt und geachtet. Ich möchte wahrgenommen werden. Nicht 08/15 Smalltalk führen, sondern eine interessante und interessierte Gesprächspartnerin sein.
Es fällt mir nicht leicht, mir das einzugestehen, doch ich glaube –ohne mein eigenes Denken relativieren zu wollen – dass alle Menschen dieses tiefe Bedürfnis, gesehen zu werden, kennen und fühlen. Sehnen sich nicht alle nach Liebe, Aufmerksamkeit und Wertschätzung von außen? Danach für andere bedeutungsvoll zu sein und einen besonderen Platz in ihrem Herzen einzunehmen?

Ist das überhaupt verwerflich? Ich denke nicht. Es ist vielmehr zutiefst menschlich und göttlich zugleich. Wir brauchen einander und dürfen/sollen uns in Liebe begegnen. Wie einsam und langweilig wäre es, wenn jeder sich allein genug ist und gar kein Interesse an sozialer Interaktion mit anderen hätte?

Immer da, wo Menschen aufeinander zugehen, miteinander agieren und Beziehung leben – ob freundschaftlich oder romantisch – stehen diese Bedürfnisse im Raum. Das Bedürfnis, gesehen, gemocht und geschätzt zu werden. Je stärker diese Bedürfnisse in der Interaktion zweier Menschen sind, umso tiefer ist ihre Beziehung. Wo ehrliches Interesse, wahrhaftige Aufmerksamkeit und echte Liebe sind, kann eine Beziehung entstehen und wachsen. Ich bin davon überzeugt, dass genau das ein zutiefst gutmütiger und liebevoller Gedanke Gottes für uns Menschen ist. 

„Wenn wir einander lieben, ist Gottes Liebe in uns zum Ziel gekommen.“
– 1. Joh. 4,12

Doch was passiert, wenn Liebe, Aufmerksamkeit und Interesse einem anderen nicht aus hingebungsvoller Selbstlosigkeit, sondern aus selbstsüchtiger Eigennützigkeit entgegengebracht werden? Was passiert, wenn Liebe plötzlich zum Mittel wird, die Gefühle eines anderen zu manipulieren oder den eigenen Liebestank aufzufüllen? Was ist, wenn Aufmerksamkeit und Interesse nur mit dem Ziel, die andere Person auf sich selbst aufmerksam zu machen, gezeigt werden?

Es gab eine Zeit, in der ich die Verletzlichkeit des Herzens anderer nicht wahrgenommen und vielleicht sogar bewusst ignoriert habe. In mir war die große Sehnsucht danach, gesehen und geliebt zu werden. Ich wusste, wie ich gucken, was ich sagen und wie ich mich verhalten musste, um insbesondere Männern zu imponieren und sie dazu zu bringen, mir ihre Aufmerksamkeit und einen Teil ihres Herzens zu schenken. Ich habe Hoffnungen gemacht, wo keine waren; habe Gefühle erzeugt, die ich nicht wahrhaft erwiderte und habe Herzen verwundet, die zuvor heil waren. Welchen großen Schmerz ich vermehrt durch mein selbstsüchtiges Verhalten ausgelöst habe, ist mir erst bewusst geworden, als ich selbst  diejenige war, deren Herz verwundet wurde. Herzschmerz ist nicht vergleichbar mit dem Schmerz, den ein Beinbruch verursacht. Herzschmerz geht tiefer und kann gravierende Narben in der Identität eines Menschen hinterlassen. Hätte ich das Herz anderer und  mein eigenes Herz besser beschützt, wäre viel Schmerz erspart geblieben.
Heute achte ich sehr auf mein Verhalten, meine Handlungen, meine Worte und meine Blicke, wenn ich mit Menschen, vor allem mit Männern, zusammen bin. Ich möchte weder noch einmal ein anderes Herz kränken, noch mein eigenes in Gefahr bringen. Mehr und mehr bewahrheitet sich für mich der folgende Bibelvers:

„Mehr als alles andere behüte dein Herz,
denn von ihm geht das Leben aus.“

Unser Herz ist so fragil, so verwundbar und so enorm wichtig für unser Lebensgefühl. Ich meine nicht den gesundheitlichen, sondern den seelischen Zustand des Herzens. Wie es dem Herzen geht, beeinflusst maßgeblich, wie es uns geht. Wenn das Herz schmerzt, wird das Leben schwerer und einsamer; der Alltag zur Aufgabe und die Gedanken und der Kummer in manchen Momenten unaushaltbar. Aber wenn es dem Herzen gut geht, fällt alles etwas leichter. Das Leben fühlt sich wie Fliegen an und die Hoffnung aufs Gute trägt einen durch die tiefen Täler.

Doch wie sollen wir etwas behüten, das wir nicht (be-)greifen können? Was ist unberechenbarer und weniger beeinflussbar als das Herz, das durch und durch von starken positiven, wie negativen Gefühlen erfüllt ist und rationale Gedanken binnen weniger Sekunden überlagert? Mal im Ernst: Wer von uns kann beeinflussen, was das Herz fühlt? Wovon das Herz voll ist?

Schon C.S. Lewis wusste: „To love is to be vulnerable“. Herzensanliegen gehen tief, sind faszinierend intensiv und krankhaft zerstörerisch zugleich. Entscheidend ist nicht, das eigene Herz vor Gefühlen zu verschließen (das funktioniert sowieso nicht), sondern dem eigenen Herzen aufmerksam nachzufühlen und behutsam mit ihm umzugehen. Das eigene Herz zu behüten kann bedeuten, die eigenen Gefühle und Gedanken zu reflektieren, sich für einen Moment einen Boxenstopp einzurichten, herzgeleitetes Handeln im Spiegel der Realität zu hinterfragen und rationale Fakten im Verhältnis zu den eigenen Gefühlen zu sehen. Eine Mammutaufgabe also. 

Zum Schluss:
Verliebtsein ist wunderschön und hat die volle Berechtigung, unser Herz zu erfüllen und unsere Gedanken rosarot zu färben. Insbesondere, wenn es uns vollkommen überflutet und alles um uns herum in Glitzer und Seifenblasen taucht. Doch der beflügelndste Tagtraum kann sich als schiere Illusion entpuppen und unser Herz leer und verwundet zurücklassen. Dating ist ne super Sache, solange sich zwei Menschen ihrer eigenen Gefühle bewusst sind oder bewusst werden. Das Ungewisse gehört dazu und trägt ja auch irgendwie dazu bei, dass alles so wunderbar aufregend und risikoreich ist. Trotzdem gibt es einen gewissen Punkt, wenn das Herz mehr und mehr involviert ist, an dem die Fronten geklärt werden sollten. Klingt unromantisch. Muss es aber nicht sein. In jedem Fall eine hilfreiche Prävention für unser kostbares Herz, die schlimmere Folgen vermeiden kann.

„Mehr als alles andere behüte dein Herz,
denn von ihm geht das Leben aus.“

Eure Greta.

Nah am Wasser gebaut

Hast du schonmal deinen Vater oder eine andere männliche Person weinen sehen? Ich nur sehr selten. Und wenn doch, muss schon etwas sehr Schlimmes passiert sein. Man(n) weint doch nicht einfach so.

Als Kind war ich eine richtige Heulsuse. Ich habe schnell und viel geweint. Manchmal war das ein willkommenes Mittel, um Autoritätspersonen weichzumachen (funktionierte meistens hervorragend). Als Teenager habe ich mir angewöhnt, nicht mehr so offen zu weinen (was nicht heißt, dass es seltener wurde, geschweige denn immer geklappt hat). Ich habe mich schon immer für sehr emotional gehalten und hatte oft Angst, damit in einer erwachsenen Männerwelt zu bestehen. Was mache ich, wenn ich eigentlich nah am Wasser gebaut bin, aber keine Schwäche zeigen darf oder will? Warum gilt es überhaupt als schwach, Gefühle zu zeigen? Und warum gelten traurige Tränen als besonders schlimm?

Laut einer Studie der Gesellschaft für Konsumforschung finden die Hälfte aller Männer, dass man(n) in der Öffentlichkeit nicht weinen sollte, unter Frauen sind es rund ein Viertel (Q1). Wo man Männer hingegen immer wieder in der Öffentlichkeit weinen sieht, ist beim Fußball. Zuletzt einige Spieler von Paris Saint-Germain nach dem verlorenen Champions League Finale letzte Woche. Was man auch von den überbezahlten Sportlern halten mag, Emotionen zeigen, die für andere unangenehm wären, können sie.

Ich würde mittlerweile behaupten, dass ich mir aufgrund des gesellschaftlichen Drucks das Weinen abgewöhnt habe (was ich nicht gut finde). Zumindest kann ich mich selten daran erinnern, wann es das letzte Mal war. Mittlerweile fällt es mir nicht nur in der Öffentlichkeit schwer Tränen zuzulassen, sondern auch, wenn mich niemand sieht. Oftmals fühle ich mich danach, aber meine Tränendrüsen scheinen nicht mehr richtig funktionieren oder nur noch selten. Ich habe mir angewöhnt, Emotionen in Form von Tränen aus Traurigkeit zu unterdrücken. Doch ich glaube nicht, dass ein reifer Umgang mit Emotionen bedeutet, sie nicht mehr zuzulassen. Emotionale Intelligenz heißt nicht von einer Heulsuse zum Eiszapfen zu werden. Der angemessene Umgang liegt irgendwo in der Mitte und Eis kann schmelzen. Und so sehr man(n) auch versucht, die Tränen zurückzuhalten: Jede Welle bricht, irgendwann.

Letztendlich ist das hier ein Plädoyer mehr Schwachheit, Verletzlichkeit und insbesondere dafür, Gefühle zu zeigen. Weil ich mir das selbst wieder mehr wünsche. Ich glaube, die Gesellschaft kann das (v)ertragen. Traurigkeit ist zwar weniger schön als Freude, aber letztendlich nicht schlimm. Ich glaube, dass wir sie brauchen, um Freude überhaupt als solche zu erkennen.

In der bereits angesprochenen Studie geben 18,5 Prozent der Deutschen (alle Geschlechter) an, aufgrund von bewegenden Filmszenen zu weinen (Q2). Falls du also am Ende dieses Textes richtig Lust hat, deine Tränendrüsen mal wieder durchzuspülen, empfehle ich dir dieses Video, das mich zum Weinen bringt. Also Taschentücher auspacken und los geht’s:


by spaghettihirn

Danke an Luca Bravo für das Foto von Unsplash.

Fotoreihe: Verstecke Emotionen

Wer hätte vor einem Jahr gedacht, dass Masken unseren Alltag so sehr bestimmen würden, wie es zurzeit der Fall ist? Wir können nur noch wenige Dinge in der Öffentlichkeit tun, bei denen wir keine Maske brauchen. Was dabei verloren geht, sind viele Gesichtsausdrücke und kleine Emotionen, die jetzt unter der Maske versteckt bleiben.

Aber wenn wir ehrlich sind, waren Masken doch schon immer ein fester Bestandteil unseres Lebens. Vielleicht nicht der Mund-Nasen-Schutz, aber die unsichtbaren Masken, die wir aufsetzen, um nicht unsere wahren Emotionen zu zeigen. Wen lässt du hinter deine Maske blicken?
Psalm 139 sagt uns, dass Gott uns voll und ganz durchschaut, er weiß wie es wirklich in uns aussieht und nimmt uns liebevoll unsere Masken ab.

Diese Fotoreihe soll ein paar dieser „Versteckten Emotionen“ darstellen. Erkennst du welche Emotionen sich hinter den Masken verstecken?

Jonathan, 29 Jahre alt, leidenschaftlicher Fotograf und Videograf aus der Nähe von Tübingen. Liebt es zu Reisen ob in Deutschland oder auch in ferne Länder. 

Mehr Fotos und Videos von Jonathan könnt ihr auf seiner Instagram-Page finden: @jonathan_ohnmacht

Was fühlst du?

Milli, 27, verheiratet und Grafikdesignerin. Hat im Rahmen ihrer Masterarbeit ein Spiel entwickelt, das dich auf die Vielfältigkeit deiner Emotionen aufmerksam macht. Außerdem schreibt sie auf ihrem Blog www.hellomilli.com über ihren Alltag und die Hochsensibilität.

Wir alle tragen sie in uns und brauchen sie zum Leben. Jeden Tag begegnen wir ihnen und wir fühlen sie ständig: Emotionen. Wütend, traurig, fröhlich, überglücklich. Wir fühlen uns immer “irgendwie”. Ich als hochsensible Person bin randvoll mit Emotionen und empfinde sie oft derartig intensiv, dass sie mich sogar übermannen. Für andere kann ich mich so sehr mitfreuen, dass ich ihre Freude übertrumpfe. Über negative Geschehnisse der Welt verspüre ich so viel Trauer, dass mich eine depressive Stimmung einholt. Emotionen sind enorm vielfältig, bei jedem unterschiedlich und oft nicht leicht zu greifen. Doch egal welche Rolle sie in deinem Leben spielen: Ich glaube, es ist wichtig, von ihnen zu wissen und durch Worte von ihnen Gebrauch zu machen. 

“Nicht zum Ausdruck gebrachte Gefühle werden niemals sterben.”, sagte einst der Psychologe Sigmund Freud. Das hat mich sehr zum Nachdenken angeregt. Es sagt aus, dass ich früher oder später von einer Empfindung, die ich vielleicht nicht wahrhaben wollte oder der ich keinen Raum zum Existieren gab, eingeholt werde. Sei es eine Beziehung, die dann auf die Probe gestellt wird oder eine Konfrontation mit einem Erlebnis, das ich noch verarbeiten muss. Leider verfällt unsere Generation immer mehr dem Trend, sich nicht mitzuteilen oder dies nur oberflächlich zu tun. Bilder statt Worte, wenig tiefgründige Dialoge und ausschließlich zur Unterhaltung dienende Medien sind vorne mit dabei. Bei einem solch blinden und beinahe ohnmächtigen Konsum geht die Fähigkeit, das Empfinden der Seele zu beschreiben, schlichtweg verloren. 

Aber warum ist es überhaupt so wichtig, sich mitteilen zu können? 

Eine befreundete Psychologin erzählte mir von einer Aufgabe, die sie Klienten meist zu Beginn einer Therapie gibt. Sie bittet die Person dabei, binnen fünf Minuten alle Emotionen aufzuschreiben, die ihr in dieser Zeitspanne einfallen. Im Durchschnitt, erklärte sie mir, finden dabei 15 Adjektive ihren Weg auf’s Papier. Das klingt erstmal viel, ist aber tatsächlich sehr wenig. Einer der häufigsten Gründe einer Therapie beruht auf internem oder externem Stress. Menschen verlieren die Fähigkeit, sich Grenzen zu setzen und überarbeiten sich und ihr Gemüt. Darunter leidet die Beziehung zu sich selbst, zum Partner, den Kindern, den Mitmenschen. Das Resultat  sind zum Beispiel schwierige Familienverhältnisse oder ein Burnout. All das nur, weil uns die Fähigkeit unsere Gefühle zu beschreiben, aufgrund eines diesbezüglich mangelnden Wortschatzes, abhanden geht. 

Welche Emotionen gibt es denn überhaupt? 

In der Psychologie spricht man von sogenannten “Basisemotionen”, die wie Primärfarben über allen weiteren Emotionen stehen. Dazu zählen Freude, Ärger, Überraschung, Furcht, Traurigkeit, Angst und Ekel. Mit diesen Emotionen kommt man schon ganz schön weit, wobei meine persönliche innere Emotionswelt sehr öde sein würde, hätte ich nur diese Umschreibungen zur Auswahl. Wenn ich “Freude” empfinde, kann ich oft von einem “erfüllten” Gefühl sprechen. Erlebe ich “Ärger” bin ich manchmal echt “wütend” oder auch “enttäuscht”. Ein “überraschendes” Gefühl nehme ich möglicherweise als “erstaunt” wahr. Durch das Wissen der Vielzahl an Emotionen gebe ich mir selbst und meinem Gegenüber die Möglichkeit, deutlicher zu kommunizieren und Missverständnissen aus dem Weg zu gehen. Außerdem fällt es mir viel leichter, subjektive Grenzen zu ziehen, die ich mit den richtigen Worten gut erklären kann. 

Verglichen mit einer normalsensiblen Person, nehme ich als hochsensible Person deutlich mehr Reize wahr. Zum Beispiel erfasse ich in einer Bar nicht nur das direkte Gespräch, sondern auch das vom Nebentisch, während die Sirene eines vorbeifahrenden Krankenwagens dröhnt und hinter der Theke ein Glas zerbricht. Eine solche, tägliche Reizüberflutung führt schnell zu einer leeren Batterie und fordert ein Rückzugsbedürfnis. Für das Gegenüber oft nicht leicht einzuordnen, doch durch die Kenntnisse der Reichhaltigkeit an Emotionen, besser zu verstehen. “Du, ich muss mich mal zurückziehen, ich fühle mich von den Eindrücken des heutigen Abends sehr überfordert. Ich brauche etwas Zeit, um alles zu sortieren, bis ich wieder entspannt sein kann.” Einzig und allein durch die Hilfe detaillierter Worte gebe ich dir einen Einblick in meine emotionale Welt, den du sonst nie hättest. 

Wie du dich darauf einlassen kannst 

In Psalm 139,14 lesen wir davon, dass wir “wunderbar” und sogar “erstaunlich” gemacht sind. Gott kennt deine innere, emotionale Welt und auch wenn sie an einem Montag weniger vielfältig sein mag als an einem Samstag, existiert sie. Ich glaube, es zählt zu unserer Aufgabe, unseren Körper auch in Bezug auf die Gefühlswelt zu pflegen. Versuch doch mal in den nächsten Tagen bewusst auf deine emotionalen Reaktionen zu achten. Was fühlst du, wenn du Musik hörst? Wie fühlst du dich nach einem Gespräch mit deinem besten Freund? Was spürst du, nachdem du die aktuellen Nachrichten gecheckt hast? Schreibe dir eine Liste mit den Basisemotionen und lass viel Platz dahinter, denn mit Achtsamkeit wirst du immer mehr Sekundärfarben finden, die deine innere Welt bunt machen. 


Danke an Rosalind Chang für das Beitragsfoto von Unsplash.