Für eine Zeit, wie diese

Eines unserer neuen Formate, die ab jetzt regelmäßig erscheinen, nennt sich „HIS-STORY-MAKER“. Darin wollen wir aus Sicht derjenigen berichten, mit denen Gott Geschichte geschrieben hat. Einige Bibelgeschichten scheinen nämlich nicht so richtig ins 21. Jahrhundert zu passen. Wir wollen diese Geschichten in verständlicher Sprache nacherzählen &/oder in zeitrelevante Kontexte einbinden.


Wir leben in einer Welt und in einer Zeit, die es so, wie sie jetzt ist, nie wieder geben wird. Im Guten wie im Schlechten. Frieden währt selten ewig. Pandemien haben die Welt niemals für immer bestimmt. Das Leben geht weiter. Nach einem Krieg, nach einer Pandemie. Aber auch in unserer Lebenswelt, nach jeder Niederlage, jedem Rückschlag und allen Tiefs.

Wir kämpfen mit den Herausforderungen einer Welt, die Vorgenerationen für uns in einem Zustand hinterlassen haben, den wir nicht weiterführen wollen. Es herrscht so ein Hunger nach Veränderung, nach Fairness, nach Gerechtigkeit – nicht nur für Menschen, sondern auch fürs Klima. Und dennoch stellt sich die Frage, wie man als einzelne Person einen Unterschied in einer unendlich großen Welt macht. 

Wie gut, dass es meist Menschen gibt, die uns schon vorangegangen sind. Die Helden vergangener Zeiten, die uns beibringen mutig zu sein. Die schon Schritte ins Unbekannte gewagt haben und uns ermutigen es ihnen gleich zu tun. Vielleicht ist es an der Zeit ein bisschen unserer Sicherheit aufzugeben.


Sicherheit. Das hat es hier nie gegeben. Mein Cousin hat alles gegeben, um mir ein schönes Leben zu ermöglichen und ich habe alles gegeben eine gute Adoptivtochter zu sein. Aber das einfache Leben in den Straßen der Hauptstadt eines Reiches, in dem unser Volk eine winzige Minderheit darstellt, ist nicht immer leicht. Wir mögen es hier in Susa und deswegen sind wir geblieben, anstatt in unsere Heimat zurückzukehren als es wieder möglich war, aber so richtig angekommen sind wir nie. Außerdem ist unser Gott hier so weit weg und meistens tut man besser daran es nicht an die große Glocke zu hängen, dass man Nachfolgerin des Gottes Israels ist. Wir leben unseren Glauben ziemlich still und dennoch ziemlich treu. Mein Cousin ist mir dahingehend so ein Vorbild, weil er es geschafft hat in dieser pluralistischen und gottlosen Kultur Persiens seinen Glaube nie zu verlieren und seinen Gott zwar nicht zu verkünden, aber auch nie zu verleugnen. Ich weiß noch, wie er den Job als Türsteher im Palast angenommen hat und von ihm verlangt wurde, sich vor dem obersten Berater des Königs zu verbeugen. Das war sein Moment entweder seinen Gott zu verleugnen oder mutig zu seinem Gott zu stehen und seinen Job sowie sein Leben zu riskieren. Er hat es nicht getan hat, mit der Begründung, dass der Einzige, vor dem er sich verneigt sein Gott sei. Das beeindruckt mich und ich wünsche mir die gleiche Stärke zu meinem Gott zu stehen, wenn es drauf ankommt. 


Viel ist passiert in den letzten Monaten. Die Königin wurde abgesetzt, weil sie sich dem König widersetzt hat. Der König hat seine Berater ausgesendet die schönsten Mädchen des Landes an seinen Hof zu bringen und sich um sie zu kümmern, damit sie dann vor ihn geführt werden können und er sich aus ihnen eine neue Königin aussuchen kann. Und irgendeiner dieser Berater fand mich wohl hübsch genug, um in den Palast mitgenommen zu werden. Zum Glück konnte mein Cousin sich jeden Tag erkunden, wie es mir geht, da er ja am Hof arbeitet. Da haben es viele der anderen Mädchen viel schwerer, weil ihre Heimat weit entfernt liegt und sie ganz alleine in diese große Stadt gekommen sind. Zum Glück sind alle wirklich freundlich und kümmern sich sehr liebevoll um uns. Das ist alles andere als selbstverständlich, haben wir doch eigentlich in dieser Gesellschaft als Frauen nichts zu sagen. 

Viel ist passiert, hatte ich gesagt. Unglaubliches, Unfassbares. Ich hab diesen Schönheitswettbewerb tatsächlich gewonnen und das nicht nur weil ich gut aussehe, sondern weil der König meinen Charakter beeindruckend fand! Charakter zählt in der persischen Kultur eigentlich nichts. Aber der König hat sich für mich entschieden, weil ich voller Anmut, liebenswürdig und selbstlos sei. Was will er denn damit anfangen? Da gab es so viel hübschere Mädchen, aber ich habe mich an all das gehalten, was mir beigebracht wurde, ich habe an meinen Wurzeln festgehalten und bin jeder Empfehlung der Berater treu gefolgt. Und jetzt bin ich Königin. Königin Persiens! Der Ruhm im ersten Moment war so schön und meine Zukunft so viel glamouröser als ich sie mir damals in den Straßen von Susa je hätte erträumen können. Der Palast ist schön und groß und ich habe wunderbare Dienerinnen, Freundinnen und mein Cousin hält immer so liebevoll nach mir Ausschau. Was will ich mehr? Und wieso fühle ich mich noch immer nicht sicher? Sollte ich mich nicht sicher fühlen als Königin an der Seite des mächtigsten Mannes unserer Welt? Wieso habe ich dennoch nicht das Gefühl hier angekommen zu sein und dazuzugehören?


Ich hatte ja erzählt, dass mein Cousin sich nicht vor dem obersten Berater verneigen wollte und er dafür gut hätte sein Leben lassen können. Das ging jetzt eine Weile gut, aber inzwischen findet der oberste Berater das gar nicht mehr witzig. Der König hält sich da allerdings mir zuliebe raus, da er ja weiß, dass es sich um meinen Cousin handelt. Jetzt hat dieser fiese Berater allerdings mitbekommen, dass der Gott meines Cousins der Gott Israels ist und dass es in Susa und im ganzen Reich noch ein paar mehr Anhänger dieses fremden Gottes gibt. Anstatt sich nur gegen meinem Cousin zu wenden, hat er ein Dekret erlassen, dass es den Persern erlaubt alle Juden an einem bestimmten Tag umzubringen und somit auszulöschen. Und da der König nicht sonderlich aufmerksam ist, wenn es sich um Regierungsangelegenheiten handelt und sich lieber seiner Außenwirkung widmet, hat er seinem obersten Berater seinen Siegelring überlassen und dieser konnte sein eigenes Dekret im Alleingang königlich rechtsgültig machen. Was für eine riesige Scheiße! Jetzt stehe ich hier komplett zwischen den Welten. Persische Königin und jüdische Gläubige. 

In all den Jahren in Susa habe ich meinen Cousin niemals weinen sehen, aber seitdem das Dekret öffentlich geworden ist, fastet und trauert und weint er nur noch. E sitzt zusammengekauert, wie ein Häufchen Elend am Tor. Und ich weiß nicht, was ich tun soll. Was macht man, wenn das Schicksal des eigenen Volkes am eigenen Leben hängt? Hab ich mir nicht gewünscht, Stärke zu besitzen, zu meinem Gott zu stehen, wenn es drauf ankommt? Dann ist das hier ein jetzt oder nie. Wenn ich jetzt schweige, gehen wir alle drauf. Wenn ich was sage, kann ich dann das Schicksal unserer Minderheit vielleicht noch drehen? All die Jahre meines Leben habe ich gelernt den Mund zu halten, den Anweisungen von Männern zu gehorchen, niemals laut zu sein, niemals rebellisch zu sein. Aber war Gott nicht vielleicht den ganzen weiten Weg immer mit mir? Was hatte mein Cousin gesagt: „Vielleicht bist du für einen Moment, wie diesen, Königin geworden. Vielleicht hat Gott dich an diesen Posten gestellt, für diesen Augenblick. Glaube ja nicht, dass du mit dem Leben davonkommst, wenn du jetzt schweigst. Irgendwer wird rausfinden, dass du Jüdin bist und dann wirst auch du mit deinem Leben bezahlen müssen.“ Was macht man mit dieser Verantwortung? Und wann ist das eigentlich passiert, dass ich angefangen habe eine Rolle für die Zukunft meines Volkes zu spielen? Und wie genau soll das denn gehen? Was sollte ich schon ändern können in dieser Welt? Mein Herz ist so schwer. Mein Glaube so klein. Und die Zeit gegen mich. Ich kann entweder jetzt mein Leben riskieren oder für immer schweigen.


Ich renne im Starkregen und Halbdunkel durch den völlig leeren Innenhof dieses riesigen Palastes. Ein Mädchen aus den Straßen dieser Stadt, das hier nie so richtig hingehört hat. Noch dazu eine, die in den Augen dieses Reiches an den falschen Gott glaubt. Mein Ehemann, der mächtigste Mann unserer Welt, sitzt in eben diesem Moment mit den höchsten Männern des Reiches im Thronsaal. Unaufgefordert vor den König zu treten, ist mit der Todesstrafe belegt. Das weiß ich sehr wohl, aber mir bleibt keine Wahl. Was hatte mein Leibwächter noch gesagt: „Ich hab keine Ahnung, was du vorhast, aber das ist nicht Königin gegen König. Hier stehst du gegen das Gesetz, gegen das ganze Imperium Persiens. Die einzige Möglichkeit dein Leben zu retten, ist wenn der König dir sein Zepter entgegenstreckt. Aber warum um alles in der Welt, sollte er das tun?“ Warum um alles in der Welt sollte er das tun? Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, was mein Plan ist. Ich weiß nur, dass auch David nicht gegen Goliath gesiegt hat, weil er einen Plan gehabt hätte oder weil er besonders gut gekämpft hat. Nein, David hat besonderen Glaube bewiesen und das hat ihn gerettet. Möge mich mein Gott und mein Glaube ebenfalls retten. Und wenn nicht, dann komme ich eben um. Ich wollte die Stärke für meinen Gott einzustehen und irgendwie hat Gott es geschafft mich dazu zu bewegen meinen Mut zusammen zu nehmen. 

Ich kann das Stimmengetümmel des Thronsaals von außen durch den Regen hindurch hören, aber sobald ich diese mächtigen Türen aufgestoßen habe, wird es plötzlich totenstill. Kein Wort wird mehr gesprochen, niemand hält mich auf, niemand stürmt auf mich los. Also setze ich einen Fuß vor den anderen und laufe tropfend nass diesen langen Gang entlang auf den Thron zu. Ich halte meinen Blick gesenkt und hoffe nur, dass Gott bei mir ist. Ich sende ein Stoßgebet nach dem nächsten.

Bewahre mein Leben, HERR. Sei mir gnädig. Jetzt oder nie. Ich hab alles für dich gegeben, gib du nun alles für mich. Ich bin nicht bereit zu sterben, aber jetzt umkehren kann ich schlecht. Gott, du hast mir Mut geschenkt. Jetzt bring zu Ende, was du angefangen hast. Sei bei mir. Beschütze mich, bewahre mich. Bitte Gott. Bitte, bitte, bitte. 

Ich sehe die ersten Stufen, die zum Thron führen. Niemand hat mich bisher umgebracht. Ich nehme nochmal all meinen Mut zusammen, blicke ganz kurz auf und sehe meinen König in die Augen, um den Kopf dann wieder zu senken und langsam Stufe für Stufe hinaufzusteigen. Plötzlich schreien alle wild durcheinander, es wird wahnsinnig laut, jemand schreit, dass das Gesetzt gebrochen wurde. Jemand anderes stimmt zu und verlangt meinen Tod. Die Leibwache zieht ihr Schwert, ich sehe die Klinge aus dem Augenwinkel über seinem Kopf schwingen…

Bitte Gott! Tu was, irgendwas! Jetzt oder nie!

…und dann wehrt mein König mit seiner einen Hand das Schwert ab und streckt mir mit der anderen sein Zepter entgegen. 

Danke Gott! Danke, danke, danke!

Ich atme ganz langsam alle Anspannung aus. Der Tumult erlischt augenblicklich und es wird wieder ganz still im Saal. Ich habe das Wort. Jetzt muss ich gestehen an den Gott der Juden zu glauben, gestehen zu diesem Volk zu gehören, das ausgelöscht werden soll. Vor all diesen Männern im Saal zu dem stehen, was ich glaube und wer ich bin. Das ist hier noch lange nicht vorbei. Aber sollte meinem Gott nicht alles möglich sein?


Der König hat mir und meinem Volk Gnade erwiesen und wir wurden verschont. Alles ist gut geworden. Gott hat für uns gesorgt und für uns gekämpft. Gott sieht uns – selbst wenn wir ihn nicht laut verkünden, sondern leise und treu unseren Glauben leben. Selbst wenn alles gegen uns steht, bleibt Gott an unserer Seite. Ich hab ein winziges bisschen Glaube gehabt, aber dieses bisschen hat Gott gebrauchen können. Es fühlt sich nicht an als hätte ich Großes vollbracht, aber meine Schritte ins Ungewisse haben mein Volk gerettet. Gott hat alles wunderbar geführt und hatte schon so viel länger einen Plan mit mir, als ich mir dessen überhaupt bewusst war. Von Anfang bis Ende hat Gott seine Hand über mir gehalten. Meinem Gott ist alles möglich! Und wenn Gott mich gebrauchen kann, ein Waisenkind, ein Flüchtling, ein Niemand, dann darfst auch du bereit sein, Gottes Vorsehung zu vertrauen, auch wenn du noch nicht siehst, dass es gut ausgeht. Dann kannst auch du die Welt an den Orten und Stellen verändern, an denen du gerade bist. Und letztendlich dürfen wir alle darauf hoffen, dass egal wie schlecht die Dinge stehen, Gott sich dafür einsetzt, diese Welt zu erlösen.


Die ganze biblische Geschichte kann man im Buch Esther nachlesen. 

Beitragsbild von Brooke Cagle auf Unsplash.

Mut zum Abbruch

Ich bin Judith, 23 Jahre alt und wohne im schönen Cuxhaven an der Nordsee, doch komme ursprünglich aus der Nähe von Hamburg. Obwohl ich eher ein ruhiger Mensch bin, liebe ich es mit meinen Freunden unterwegs zu sein und Abenteuer zu erleben.

Ich bin ein Mensch mit einem starken Willen. Das stellten meine Eltern schon fest, als ich noch ein Kind war.  Als „Jüngste“ der Familie, mit zwei älteren Geschwistern, … (Was hat dich deshalb zu einem Menschen mit starkem Willen gemacht? Was bedeutet es für dich, die jüngste zu sein? Warum ist das wichtig?)
Auch meine Freunde haben oft gesagt, dass sie es bewundern, wie ich meine Pläne in die Tat umsetze und das mache, was ich will.
Ich habe nicht nur einen starken Willen, sondern auch großen Träumen. Schon früh wusste ich, dass ich eines Tages gerne auf einem Kreuzfahrtschiff arbeiten möchte. Für meine berufliche Laufbahn hieß das, dass ich einen Job brauchte, mit dem ich auf einem Kreuzfahrtschiff arbeiten könne.

Nach verschiedensten Ideen, habe ich meine Leidenschaft zum Beruf gemacht und ein Duales Studium zur Fitnesstrainerin begonnen. Obwohl ich mir zunächst unsicher war, ob meine, erst spät gewonnene Leidenschaft zum Sport, dafür ausreichte, war das definitiv die richtige Entscheidung. Ich habe mich in dieser Zeit stark weiterentwickelt und bin mehr und mehr zu dem Menschen geworden, der ich sein wollte und habe viel gemacht und gesehen und letztendlich viele neue Lebenserfahrungen gesammelt.

Die Ausbildung, der Auszug und all das, was zum Erwachsenwerden dazugehört, fielen mir nicht immer leicht, aber ich hatte immer meinen Traum vor Augen und meine Familie als Unterstützung. Nach meinem lang ersehnten Bachelorabschluss stand dann für mich fest: Ab aufs Kreuzfahrtschiff! Mein Traum sollte endlich wahr werden!

Ich hatte für sechs Monate einen Job als Kurstrainerin auf der “MeinSchiff 3” bekommen. Im Oktober letzten Jahres ging es dann los. Ich hatte mich so sehr auf diese Erfahrung gefreut und war gut vorbereitet. Ich wusste, dass ich sieben Tage die Woche arbeiten würde und das für sechs Monate. Ich wusste, dass ich in einer maximal 5 m² großen Kabine ohne Fenster schlafen würde. Ich wusste, dass ich meine Familie und Freunde lange Zeit nicht sehen würde. Doch ich habe mich darauf gefreut, neue Menschen kennenzulernen und jeden Tag in einem anderen Hafen aufzuwachen. Ich habe mich auch darauf gefreut, den Job den ich liebe ausüben zu können und das mit wahnsinnigem Ausblick. Also ging es los. Der Abschied von meiner Familie fiel mir sehr schwer und auch von meinem vorherigen Job konnte ich mich nur schwer trennen. Aber es war mein Traum!

Ich kannte Kreuzfahrten zuvor nur aus dem Fernsehen. Ich weiß nicht, wer von euch schon mal eine Kreuzfahrt gemacht hat, aber es lohnt sich auf jeden Fall, sich so ein Schiff mal anzuschauen. Auf so einem großen Schiff gibt es wirklich alles. Meine Reise startete auf Mallorca, von dort ging es zehn Tage lang durch das Mittelmeer. Mein Team bestand aus fünf weiteren Fitnesstrainern, die mich sehr nett aufgenommen haben. Insgesamt arbeiteten knapp 1000 Menschen aus 42 verschiedenen Nationen auf dem Schiff und die waren nun meine Familie. Als ich am ersten Abend in meiner Kabine im Bett lag, hatte ich sehr viel zu verarbeiten, war aber auch gespannt auf meinen ersten richtigen Arbeitstag. Dieser war ein Seetag, was viel Stress bedeutet und somit wenig Zeit für eine richtige Einarbeitung. Ich habe direkt die ersten Kurse gegeben. Highlight dabei war definitiv Spinning unter freiem Himmel auf hoher See. Am nächsten Tag legten wir im ersten Hafen an. Ich war das erste Mal in Italien. Bisher klingt das alles ziemlich cool, oder?

War es eigentlich auch und trotzdem spürte ich in mir ein Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Neben Italien waren wir auf dieser Reise noch in Frankreich und auf Ibiza, bevor wir dann wieder auf Mallorca anlegten. Ich kann mich an jeden einzelnen Hafen noch ganz genau erinnern und könnte vermutlich ein ganzes Buch über die Erfahrungen dort schreiben. Nicht nur über die Städte, die ich gesehen habe, sondern auch über die unfassbar vielen Menschen, die ich kennengelernt habe. Auf jeder Reise kommen über 2000 neue Gäste und jedes Mal verschwinden sie nach spätestens zwei Wochen wieder. Die Reise ging weiter zu vielen sehr schönen Orten, die ich noch nicht kannte. Aber obwohl das alles so schön war, konnte ich es nicht genießen. Die Arbeit auf dem Kreuzfahrtschiff ist eine absolute Typ-Sache und eine Erfahrung, die man selbst gemacht haben muss, um sie zu verstehen. 

Ich stand also vor der Frage, warum es mir so schlecht ging, obwohl ich mich so auf dieses Abenteuer gefreut hatte. Es war mein Traum. Ich versuchte mir alles schönzureden, habe viel mit Gott gesprochen und auch mit meinen Eltern telefoniert. Der Gedanke, dass ich nach Hause möchte, kam trotzdem immer wieder.
Aber einfach aufgeben? Das passte nicht zu mir! Von mir erwartete man Kampfgeist.  Außerdem hatte ich allen erzählt, dass ich sechs Monate lang weg bin, da kann ich doch nicht schon nach einem Monat wiederkommen. Alles Neue ist am Anfang schwer, sagte ich mir, ich würde mich bestimmt noch einleben. Was soll ich zudem zu Hause? Zurück in meinen alten Job? Nein, nicht nach der großen Abschiedsfeier. 

Diese Gedanken und noch viele mehr schwirrten mir Tag und Nacht durch den Kopf. Eines Morgens wachte ich auf und war mir sicher: Ich wollte nach Hause. Der einzige, der mich davon abhalten könnte, war mein Vater. Mein größter Motivator, Ratgeber und Unterstützer, aber auch der ehrgeizigste Mensch, den ich kannte. Ich rief ihn in einer kurzen Pause an und schilderte ihm meine Lage unter Tränen. Ganz anders als erwartet, sagte er: „Julchen, pack deinen Koffer und komm‘ nach Hause. Ich habe dich noch nicht einmal glücklich am Telefon gehört. Ich weiß, dass du versucht hast es zu vertuschen, aber ich kenne dich.“ Er hatte so recht. Ich war nicht glücklich. Ich wollte meinen Traum leben, aber das tat ich offensichtlich nicht. Warum also quälen? Wofür? Und vor allem für wen? Meine Entscheidung stand also fest. 

Schon zwei Wochen später war ich wieder zu Hause. Kaum einer konnte mich verstehen, aber ich brauchte und wollte mich nicht rechtfertigen. Ich habe diese Entscheidung für mich getroffen und bisher auch kein einziges Mal bereut. Es war eine großartige Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Ich habe viel gelernt über mich, aber auch über Menschen im Allgemeinen. Es hat meine Persönlichkeit und meinen Charakter gestärkt. Das Wichtigste, was ich bei all dem gelernt habe, ist, dass es manchmal mutiger ist aufzugeben, als etwas durchzuziehen, nur weil andere es vielleicht erwarten. Im Leben kommt oft alles anderes als gedacht und das ist gut so. Ziele und Träume sind wichtig, aber lass dich nicht entmutigen, wenn etwas nicht so läuft wie geplant. Sorge dich nicht darum, was andere von dir denken, sondern höre nur auf Menschen, denen du wirklich etwas bedeutest, sie werden jede Entscheidung mit dir tragen. 

Wenn Freundschaft das Leben kostet


Inspiriert von 1. Samuel 20

„Natürlich will dein Vater mich umbringen! Wie oft hat er es schon versucht, wie oft?! Und immer wieder bin ich zurückgekommen! Und immer wieder hat er es versucht“,  brüllt er mich an, als hätte ich Schuld daran. „Ich kann mit ihm reden. Er würde auf mich hören“, sage ich schlichtend. „Das hast du letztes Mal versucht und wie lange ging das gut, mh? Jedes Mal bin ich wiedergekommen, jedes Mal hab ich seine Kriege gewonnen. Und was ist der Dank? Dass er mich umbringen will?“ Er wird noch ärgerlicher. Ich versuche ihn weiter zu beruhigen: „Ich kann doch auch nichts dafür. Aber wenn er es vorhätte, würde ich es wissen!“ „Einen Scheiß würdest du wissen! Glaubst du ernsthaft, er hätte nicht spitz gekriegt, dass wir Freunde sind? Er würde es dir nicht sagen! Ich glaube, du checkst nicht was hier los ist! Ich komme mit einem Sieg aus dem Krieg zurück, bin gerade angekommen, da muss ich plötzlich fliehen. Und wenn meine Frau, seine Tochter, mir nicht den Arsch gerettet hätte und ihren Vater und König angelogen hätte, würde ich jetzt nicht mehr leben! Jonathan, ich kann  so nicht mehr weiter machen!“ 

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Würde Jesus einen Burger bei McDonalds bestellen?

Als ich auf die Welt kam, wussten meine Eltern bereits, wie sie mich nennen würden: Greta. Ein norwegischer Name, den sie besonders schön fanden. Es gab Zeiten, da mochte ich meinen Namen nicht. Der Grund dafür: niemand anderes hieß so. Erst mit 16 Jahren lernte ich zum ersten Mal eine Person kennen, die den gleichen Namen trug wie ich. Sie war 84 Jahre alt und in Wirklichkeit hieß sie „Margareta“, doch ihre Enkel nannten sie „Oma Greta“. Und irgendwann fand ich es dann auch cool, einen Namen zu haben, der weniger bekannt war.
Doch genau das änderte sich im Mai 2018, als die damals 15-jährige Greta Thunberg, anstatt in die Schule zu gehen, vorm Parlamentsgebäude in ihrem Heimatland Schweden für einen konsequenteren Klimaschutz demonstrierte. Welche Welle daraufhin international ausbrach, ist niemandem von uns entgangen. „Fridays for Future“ wurde ins Leben gerufen und weltweit demonstrieren junge Menschen und mittlerweile auch Erwachsene jeden Freitag für „climate justice“ (übersetzt: Klimagerechtigkeit).

Greta Thunberg beeindruckt mich! Ihr Mut, ihre Hingabe und ihre Authentizität lassen mich wirklich ehrfürchtig werden. Umweltschutz und die Folgen des Klimawandels waren auch für mich schon seit dem Kindergartenalter wichtige und emotionale Themen. Ich bin dankbar für das, was meine Namensvetterin durch ihre Taten erreicht hat und tagtäglich erreicht!
Und ich will mich ihr anschließen und hier auf dem Blog über genau diese Themen sprechen! Denn auch, bzw. vor allem Christen sollten Klimaschutz ernst nehmen. Warum? Darauf will ich in diesem Beitrag eingehen!

2 gute Gründe, warum Christen den Klimaschutz ernst nehmen sollten:

1. Gottes „gute“ Schöpfung ehren
Christen glauben, dass Gott der Schöpfer der Welt ist. Im Schöpfungsbericht heißt es, dass alles, was Gott erschuf, in seinen Augen „gut“ war. Auch können wir in der Bibel lesen, dass Gott den Menschen als „Verwalter seiner Schöpfung“ erschaffen hat:
„Lasst uns Menschen machen als unser Bild, uns ähnlich! Sie sollen walten über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels, über das Vieh, über die ganze Erde und über alle Kriechtiere, die auf der Erde kriechen.“
(EÜ, Genesis 1,26)

Die Schöpfung ist ein „Geschenk“ von Gott an uns Menschen. Viele berichten, dass sie sich Gott in der Natur am nächsten fühlen, weil ihre Schönheit und ihre Größe von IHM zeugen.
Doch wie gehen wir mit Gottes „guter“ Schöpfung um?
Plastikmüll im Meer, Aussterben von faszinierenden Unterwasserlandschaften, ausgetrocknete Flussbetten, schmelzende Eisberge, Abholzung von Regenwäldern für wirtschaftliche Zwecke, Überproduktion und Wegschmeißen von Lebensmitteln, klimabedingte Umweltkatastrophen, Anstieg der Meeresspiegel und noch viel mehr!
Das sind nur einige der Folgen unseres bisherigen Umgangs mit dem Geschenk, das Gott uns Menschen einmal aus purer Liebe übergeben hat.

Und was ist mit den, von Gott geschaffenen und vom Menschen benannten Tieren? Ja, Gott beauftragte den Menschen, über die Erde und die Tiere zu „walten“. Doch wie sieht diese „Verwaltung“ heutzutage aus?
Grausamste Massentierhaltung, Artensterben, Wilderei, Überfischung der Meere, Tierversuche und so weiter…
In Sprüche 12,10 heißt es: „Ein guter Mensch sorgt für seine Tiere, der Gottlose aber ist durch und durch grausam.“

Wo ist also unsere Achtung vor Gottes „guter Schöpfung“ geblieben?
Deshalb meine Frage: Würde Jesus einen Burger bei McDonalds bestellen?
Einen Burger, für dessen Herstellung 2400l Wasser verbraucht wurden und für dessen Frikadelle ein Tier gestorben ist, das zuvor gemeinsam mit bis zu 500 anderen Rindern auf minimalstem Stallplatz gemästet und unwürdevoll getötet wurde?
Ich weiß es nicht. Würdest Du den Burger essen?

2. Deinen Nächsten lieben
Als die Jünger von Jesus wissen wollten, welches Gebot das Wichtigste sei, antwortete Jesus: „Liebe deinen Nächsten wie Dich selbst.“ (Markus 12,31)

Wenn ich mir ein T-Shirt bei H&M (etc.) kaufe, trage ich mit meinem Kauf dazu bei, dass Kinder weiterhin unter menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen und für einen viel zu niedrigen Lohn Kleidung herstellen, die anschließend für relativ wenig Geld in v.a. westlichen Ländern verkauft wird. Ehre ich damit meine Mitmenschen?

Die Folgen des Klimawandels (Dürre, Trockenheit, Waldrodung, Überschwemmung, etc.) treffen momentan vor allem Menschen in Entwicklungsländern. Also Menschen, die vorwiegend in wirtschaftlich schwachen Ländern leben und ihre Nahrung zum Großteil aus eigener Landwirtschaft beziehen. Klimaschwankungen führen unter anderem dazu, dass die Ernten ausbleiben und Familien ihre Existenzs- und Nahrungsgrundlage verlieren. Unterernährung, Krankheiten, Trinkwassermangel und das Verlassen der eigenen Heimat sind die Folgen. Ehre ich also meine Mitmenschen, wenn ich (zum Beispiel) einen Inlandsflug von München nach Berlin buche und damit zu einem erhöhten (und unnötigen) CO2-Ausstoß beitrage, der wiederum den Klimawandel vorantreibt?

Ich glaube, dass es unbedingt notwendig ist, dass sich Christen ihrer (von Gott übertragenen) Verantwortung bewusst sind und mit ihrem Lebensstil einen Unterschied in dieser Welt machen! Meiner Meinung nach ist Klimaschutz eine zutiefst christliche Erfindung. Jede unserer täglichen (Kauf-/Handlungs-)Entscheidungen ist eine Möglichkeit, Gottes Schöpfung und unseren Mitmenschen weltweit die Ehre und Würde entgegen zu bringen, die ihnen zustehen!

Also los!
Wenn ich mit Freunden über Klimaschutz spreche, höre ich häufig die Aussage: „Aber es bringt doch sowieso nichts, wenn nur ich meine Lebensweise verändere! Alle Menschen müssten mitziehen.“
Ich kenne diesen Gedanken auch. Verständlich, oder?
Während ich komplett auf tierische Produkte verzichte, um meinen CO2-Ausstoß zu verringern, bucht eine Freundin von mir gerade ihren achten Flug für einen Wochenendtrip dieses Jahr. Das frustriert mich!
Doch auch ich habe noch lange nicht in jedem Bereich meines Alltags einen umweltschonenderen Weg gefunden! Der entscheidende Punkt ist, dass jeder von uns in seinem Alltag einen ersten Schritt machen kann! Und dann einen zweiten und einen dritten.

6 einfache Schritte, die Du tun kannst:

  1. Iss weniger/kein Fleisch und andere tierische Produkte
  2. Nutze Fahrrad und Bahn statt Auto und Flugzeug
  3. Unterstütze Organisationen finanziell, die Entwicklungshilfe und Armutsbekämpfung vorantreiben (Bsp.: Brot für die Welt)
  4. Geh streiken – am 29.11.2019 in deiner Stadt am „Global Day of Climate Action“
  5. Hinterfrage deinen Konsum
    – Wo kannst Du mehr auf Plastik verzichten?
    – Schonmal deine Kleidung „second hand“ gekauft?
  6. Informier dich über Klimaschutz, Nachhaltigkeit, Tierhaltung und Umweltpolitik. Zum Beispiel hier:
    – Fridays for Future: https://fridaysforfuture.de/
    – IPPC Report: https://www.de-ipcc.de/
    – 17 Nachhaltigkeitsziele der Micha-Initiative: https://www.micha-initiative.de/nachhaltigkeitszielesdgs
    – Film über Tierhaltung weltweit: http://www.earthlings.de/

Das war’s von mir diese Woche! Mir liegt dieses Thema sehr auf dem Herzen und ich weiß, dass das Lesen dieses Beitrags durchaus unangenehm sein kann. Ich möchte auf keinen Fall „von oben herab“ schreiben. Es geht mir darum, einen Anstoß dazu zu geben, sich über dieses längst überfällige Thema (und unsere Verantwortung dafür) Gedanken zu machen und neue Wege und Möglichkeiten im Alltag zu finden. Auch ich darf dabei noch Vieles lernen und verändern.

Meine Frage an Dich:
Wie stehst Du zum Thema „Klimaschutz“ und welchen Schritt wirst du diese Woche noch umsetzen?

Ich freue mich (wirklich) auf Deine Antwort!
Deine Greta, die sich jetzt erstmal ein leckeres veganes Eis gönnt! 😉

„Das mach ich morgen…“

Es ist kurz nach Mitternacht. Ich fahre auf dem Fahrrad von Freunden nach Hause. Die heißen Temperaturen des Tages sind gesunken. Ein angenehm kühler Wind weht durch meine offenen Haare. Ich fahre über eine Brücke. Die Straßenlaternen spiegeln sich im pechschwarzen Fluss. Ruhig liegt er da und nimmt seinen Lauf. Nur wenige Menschen sind unterwegs. Kein Auto in Sicht. Ich fahre in der Mitte der Straße und strecke meine Arme aus. Über mir der Sternenhimmel. So weit und so klar. Die laue Sommernacht verleiht mir ein euphorisierendes Gefühl. Ich fühle ich mich einfach frei. Frei von Sorgen. Frei von Pflichten. Frei von Grenzen. Diese Nacht lädt zum Träumen ein. Ich denke an die Träume, die ich früher hatte. Was ist aus ihnen geworden? Ich denke an die Träume, die ich heute habe. Was wird aus ihnen? Ich sollte endlich mal anfangen, ihnen nachzugehen!
Am besten gleich morgen!

„„Das mach ich morgen…““ weiterlesen

Menschenfurcht

Wer von euch kennt nicht dieses brennende Gefühl in der Brust, wenn das Herz einem bis zum Hals schlägt und man das Gefühl hat, etwas sagen oder tun zu müssen, um nicht zu platzen? Und sich dann aber nicht traut… Sei es, um Standpunkte klarzustellen, sich verletzlich zu machen, indem man Schwächen und Fehler zugibt oder eben indem man sagt, dass man an Jesus glaubt. Dies war nämlich ein Punkt, an dem ich sehr viel zu knabbern hatte. Wie oft wollte ich von Gott erzählen und was er in meinem Leben getan hat? Dass ich glaube, dass Jesus Gottes Sohn und auferstanden ist? Und wie oft bin ich einfach nur still geblieben? Wie oft hat mir der Mut gefehlt, mich auf seine Seite zu stellen… Und wie oft habe ich mich einfach nur für meinen Glauben geschämt…

„Menschenfurcht“ weiterlesen