Ich bin ein sehr inkonsequenter Mensch, sagte ein weiser Mann neulich zu mir. Das beeindruckte mich und ich fing an über meine eigenen Inkonsequenzen nachzudenken. Seit einigen Monaten feiere ich den minimalistischen Lifestyle, der auf Insta & Co. ziemlich nice aussieht. Als mir dann bewusst wurde, wie viel Zeug sich über die Jahre im Haus meiner Eltern ansammelt, fing ich an, mir intensiver Gedanken zu machen, wie ich später leben möchte.
Minimalismus ist ein Luxusproblem. Das meine ich völlig wertfrei. Das stimmt nicht, wirst du jetzt sagen. Und dass sich schon die griechischen Philosophen darüber Gedanken gemacht haben, wie wir mit unserem Besitz umgehen. Dass viele Menschen aus religiösen Gründen ein einfaches Leben leben. Und dass Minimalismus eine Stilrichtung in Kunst, Architektur und Musik ist. Und du hast recht damit. Aber das ist nicht der Minimalismus, über den ich heute schreiben will. Deshalb noch einmal: Minimalismus ist ein Luxusproblem.
Warum? Weil nur Menschen, die viel haben, darüber nachdenken können, freiwillig mit weniger zu leben. Andersrum ist es komplizierter. Menschen, die arm sind, streben nach Wohlstand und haben es deshalb schwerer. Das ist ein absurder Kreislauf, der sich über Generationen erstreckt. Ich würde ihn gern durchbrechen, aber weiß nicht, wie.
Wenn wir heute über Minimalismus reden, denken wir an Tiny Houses oder die Netflixserie „Aufräumen mit Marie Kondo“. Diese beiden Beispiele zeigen schon, wie viele Facetten Minimalismus hat. Für manche ist das ein radikaler Lebensstil, für andere bedeutet das, dass man seine Siebensachen ausmistet. Dahinter steckt, dass wir uns heute in einer hochkomplexen Welt überfordert fühlen und nach Orientierung suchen. Ich mag diesen Ausdruck “hochkomplex” nicht, weil ich denke, dass die Welt in ihrer Zeit stets für die damals Lebenden komplex war. Und ich finde, dass man Komplexität nicht wirklich steigern kann (ja ich weiß, im Duden steht das anders). Entweder ist etwas komplex oder nicht. Aber nicht mehr oder weniger komplex.
Weil sich das Ganze nicht mit einem Beitrag abhaken lässt, wollen wir in den kommenden Wochen in einer AP-Serie darüber nachdenken, was wir zum Leben brauchen. Ich fände einen minimalistischen Lebensstil geil, aber durchziehen würde ich das nicht wirklich. Und bevor ich irgendetwas Radikales mache, bleibe ich lieber konsequent inkonsequent und dabei ehrlich zu mir selbst.
by spaghettihirn