
Thomas. 45. Chemiker. Versucht durch seine Arbeit bei der Berufsgenossenschaft Unfälle und Berufskrankheiten mit Chemikalien bei der Arbeit zu verhüten. Setzt seine vielfältigen Gaben gern in der Gemeinde und im SWD-EC-Jugendverband ein. Entspannt gern beim Bergwandern oberhalb der Baumgrenze – am liebsten in der Schweiz.
Während ich diesen Beitrag schreibe, bin ich im Urlaub in den Alpen. Beim Wandern im hochalpinen Gelände kann ich gut ausspannen, mich von meinem mitunter stressigen Alltag erholen und Gott begegnen. Irgendwie fühle ich mich auf Berggipfeln Gott näher – auch wenn Gott natürlich auf dem Berg nicht wirklich näher bei mir ist als in meinem Alltag in Heidelberg. Zwei Erlebnisse haben mich in der letzten Woche besonders inspiriert, die ich gern mit euch teilen möchte und dann erkläre, was ich denke, was Gott mir damit sagen wollte.
Meine erste größere Tour sollte mich eigentlich auf die Flimspitz, einen Berggipfel zwischen Samnaun und Ischgl, führen. Der Weg dahin war durch etliche Schneefelder schon etwas beschwerlicher als vor vier Jahren, als ich das letzte Mal auf diesem Gipfel war. Ich hatte noch in Erinnerung, dass es beim Aufstieg eine ziemlich haarige Stelle gab. Und dann stand ich davor: eine ziemlich steile, große Steinplatte. Ich war schon etwas geschafft durch die noch ungewohnte Höhe an meinem zweiten Alpentag und die vielen Schneefelder. Ich stand auf ca. 2850 Metern, der Gipfel war noch 75 Höhenmeter entfernt. Das Gipfelkreuz konnte ich sogar auch schon sehen. Und jetzt ging es in meinem Kopf los: hochkraxeln würde ich schon schaffen. Aber ich müsste hinterher genau dieselbe Stelle wieder runter. Und das sieht dann schon ganz anders aus… Jetzt schaltete sich mein Sicherheitsbewusstsein ein – immerhin prägt mich meine Arbeit nach 17 Jahren Berufsgenossenschaft doch ein wenig. Und dann habe ich hin und her überlegt: es wäre schon toll wieder auf diesen Gipfel zu steigen – gute Sicht, und nur noch 75 Höhenmeter zu bewältigen. Aber zu Beginn des Urlaubs ein Risiko eingehen? Zwar heil hochkommen, aber wie dann sicher wieder runter? Und so habe ich mich dann entschieden: heute nicht. Einfach an Ort und Stelle meine eigene Vor-Gipfel-Pause einlegen und dann wieder runter und den Rest des Rundwegs weiterwandern. Weil es mir sicherer schien.
Zweites Erlebnis: zum ersten Mal war ich auf der Kaunertaler Gletscherstraße. Nach vielen Impressionen im Auto, mit der Gondel und in einer begehbaren Gletscherspalte wollte ich noch eine kurze Wanderung machen. Mir wurde die Wanderung zu einem verborgenen See empfohlen – eine kurze Tour, insgesamt 1,5 Stunden Gehzeit. Im Prospekt der Gletscherstraße war der Weg auch skizziert, den Einstieg habe ich damit gut gefunden. Also ging ich los. Nach kurzer Zeit bemerkte ich, dass mein Handy noch im Auto lag – aber für Fotos hatte ich meine Kamera dabei, und es sollte ja nur eine kurze Tour werden. Ich ging weiter. Dann kam ich an eine Kreuzung. In meiner „Karte“ war gar kein anderer Weg verzeichnet. Aber ein Schild wies mir den Weg: nach rechts hoch zu den verborgenen Seen, geradeaus ging es zu einem anderen Ziel, das nicht in der Karte verzeichnet war. Also fleißig den Berg steil hinauf, wie der Wegweiser es sagte. Andere Wanderer waren auf diesem Weg nicht mehr zu sehen. Aber die klaren rot-weiß-roten Markierungen waren da, alles ok. An der nächsten Kante müsste man doch eigentlich den See schon sehen können? Nein, kein See in Sicht. Und jetzt ging der Weg wieder herab, erst langsam, dann deutlicher. Vielleicht um die nächste Bergkante herum, dazwischen durchs Tal? Gern hätte ich jetzt bei Google Maps geschaut – aber mein Handy lag ja im Auto. Die Zeichnung der Pseudo-Karte war ohnehin nicht hilfreich. Also weiter, den Berg wieder runter. Mehr und mehr Zweifel beschlichen mich. Kommt da überhaupt noch ein See? Jetzt macht der Weg wieder eine Biegung – aber eher zurück zur Gletscherstraße. Wo führt der denn hin? Einfach weitergehen? Je mehr Höhenmeter ich verlor, desto unwahrscheinlicher wurde es. Ein See konnte dort nicht mehr kommen. Und immerhin war ich inzwischen eine Stunde unterwegs – bei der Gletscherführung hatte der Guide noch gemeint, dass ich eher in einer halben statt einer dreiviertel Stunde beim See sein müsste. Aber der Weg war doch markiert. Und ich war mir 100% sicher, dass ich dem Wegweiser richtig gefolgt bin. Und dann bin ich doch umgekehrt, den Berg wieder hoch, dann wieder runter, und insgesamt war ich zwei Stunden unterwegs. Aber der verborgene See blieb mir verborgen. Warum? Als ich an den Wegweiser kam, sah ich die Ursache: der Pfosten steckte lose im Boden und war frei drehbar. Inzwischen hatte ein anderer Wanderer die Richtungspfeile schon wieder korrekt gedreht. Für mich war es zeitlich jetzt zu spät, um doch noch den richtigen Weg zu gehen – und so ging ich wieder zum Auto.
Zwei Bergerlebnisse. Man könnte sich ärgern: Gipfel nicht geschafft, weil ich zu viel über den Rückweg nachgedacht habe. Verborgenen See nicht gefunden, weil ich keine richtige Karte dabei hatte und einem frei drehbaren Wegweiser vertraut habe.
Aber wie ist das in meinem Alltag als Christ? Welche Wege schlage ich ein, welche gehe ich weiter? Allzu oft mache ich mir doch überhaupt keine Gedanken darüber, wie mein Rückweg aus so einigen Situationen sein kann. Ich gehe munter auf etwas zu, und obwohl ich die Versuchung darin schon erkenne, gehe ich einfach weiter. Dann brauche ich mich nicht zu wundern, wenn der Rückzug nicht gelingt. Das hätte ich doch vorhersehen können, ja sogar sehen müssen. Vor dem Weitergehen überlegen, ob ich gefahrlos weiter – und dann auch wieder zurückkomme. Mir kommen da gleich Situationen in meinem Alltag in den Kopf, wo ich es aber leider oft nicht so klug mache wie hier am Berg. Zum Beispiel beim Surfen im Internet, wo ich immer wieder entscheiden kann das Fenster zu schließen oder woanders hin zu Surfen – oder der Versuchung nachgeben kann und weiter klicken. Eine von vielen Situationen, wo ich mich entscheiden muss ob ich mehr auf Gott höre oder trotzdem weitergehe. Und das „Gipfelerlebnis“ am Berg wäre doch erheblich schöner als mancher Stolperstein in meinem Alltag. Trotzdem lasse ich mich leider oft auf die Versuchung ein – und brauche mich dann wirklich nicht beschweren, wenn ich hinfalle. Und schon gar nicht ist Gott dann daran schuld, dass ich nicht etwa an der Versuchung wachse, sondern hinfalle. Soll ich also daraus lernen, dass ich öfter auch in meinem Alltag innehalte, ob ich wirklich weitergehen soll? Oder ob es klüger ist, auf das vermeintliche Gipfelerlebnis zu verzichten – und dafür nicht hinzufallen?
Und was wollte mir Gott mit dem mir verborgen gebliebenen See sagen? Vielleicht will er mich davor warnen, mich bei meinen Wegen und Entscheidungen nur auf gute Bücher und Predigten zu verlassen. Dass ich bei all den im Internet verfügbaren Predigten (die ich mir gern herunterlade und beim Autofahren höre) schon genauer nachforschen muss, ob sie gut fundiert im Wort Gottes sind – oder vielleicht doch „verdreht“ wurden. Bei der Suche nach dem verborgenen See hätten mir viele einzelne Dinge geholfen: ein mitgeführtes Handy, eine echte Bergkarte oder ein genauerer Blick auf das Fundament des Wegweisers. Daher glaube ich nicht, dass Gott es mir in meinem Alltag als Christ total schwer macht, den richtigen Weg zu erkennen. Aber ich muss mir schon etwas Mühe geben. Eine Predigt – ob aus dem Internet oder in der Gemeinde – anhand der Karte, dem Wort Gottes, selbst überprüfen. Gerade wenn mir dabei ganz neue Erkenntnisse kommen oder ganz andere Aspekte genannt werden, die mir noch nie begegnet sind: nicht einfach ungeprüft als richtig abspeichern. Sondern besser erstmal checken, ob das wirklich richtig ist. Wenn ja: super! Wenn aber der Wegweiser verdreht wurde, dann kann ich mir – und vielleicht auch anderen, die sich anschließend auf mein Urteil verlassen – viel Wegstrecke in die falsche Richtung ersparen, wenn ich vorher prüfe.
Richtig geärgert habe ich mich in meinem Urlaub nicht über meine beiden Erlebnisse. Die Wanderrouten waren ja trotzdem schön. Aber die Erlebnisse haben mich einige weitere Wanderungen über begleitet. Und ich habe sie in der Ruhe der Berge mit Gott besprechen können. Vielleicht helfen Dir meine Überlegungen auch in deinem Alltag als Christ?
Zwei Bibelverse sind mir bei meinem Nachdenken über die Situationen begegnet:
„Wenn jemand in Versuchung gerät, ist es seine eigene Begierde, die ihn reizt und in die Falle lockt.“
Jakobus 1, 14
„Prüft aber alles und das Gute behaltet.“
1. Thessalonischer 5, 21
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