Woher weiß ich, ob es gut ist, was ich mache?

Diese Frage habe ich mir in der zurückliegenden Zeit sehr häufig gestellt. Man könnte sie auch folgendermaßen nennen: Glaube ich an das, was ich tue, oder (ver-)zweifle ich vielmehr daran?

Ich befinde mich gerade in der entscheidenden Endphase meines Bachelorstudiums. Es stehen einige Entscheidungen an. Wie soll es weitergehen? Master, Volontariat, Journalistenschule? Oder doch lieber halbtags als Barista im Café jobben und nebenher als Poetry Slammer Karriere machen? Ähnlich wie Lukas in einem bisherigen Beitrag beschrieben hat, geht es auch für mich in diesem Jahr auf ins Unbekannte.

An präzisen Plänen und interessanten Ideen hat es mir noch nie gemangelt. Es ist eher so, dass sie ständig, ja fast täglich wechseln. Wollte ich eine Zeit lang nach dem Bachelor unbedingt nach Hamburg, so entdeckte ich eines Tages meine Liebe zu Wien, und München soll ja – abgesehen von den Bayern – auch angenehm attraktiv sein. Doch in diesen Fragen konnte ich bisher einigermaßen entspannt bleiben. Ich mache mir keine großen Sorgen um die Zukunft, sondern kann vergleichsweise darauf vertrauen, dass es gut wird. Weil es bisher immer so war.

Viel schwieriger wird es, wenn ich in die spannungsvolle Sphäre der kreativen Kunst eindringen will, die mich seit der Bekanntheit des Poetry Slams reizt. Habe ich einerseits allerlei Ansprüche an meine eigenen Erzeugnisse, hindern mich diese oft daran, mit einem potentiellen Projekt anzufangen. Glaube ich also selbst an meine eigenen Werke oder zweifle ich vielmehr daran? Wenn ich über Kunst schreibe, geht es bei mir dabei meistens um das Schreiben (an alle pfiffigen Pädagogen: ja wir befinden uns auf der magischen Meta-Ebene). Nicht von banalen Blog-Beiträgen, daran habe ich mich gleichermaßen gewöhnt, sondern von durch und durch durchdachten, präzise pointierten und exklusiv ersonnenen Slam-Texten (früher nannte man das auch, lässig, Lyrik oder, provozierend, Poesie).

Bisher dachte ich immer, dass Künstlern ihre Kunstwerke locker von der Hand gehen. Dass der wundervolle Welthit in seiner finalen Fassung von Anfang an im Kopf des magischen Musikers herumschwirrte. Dass Goethe’s Gedichte in einem Guss aus seiner filigranen Feder flossen. Dass Pablo Picasso seine galanten Gemälde direkt beim ersten Versuch vollendete. Ich hielt es für eine unausweichliche Utopie, dass Künstler mit einer besonderen Begabung ausgestattet sind, die ihre Kunst nicht zu anstrengender Arbeit werden, sondern einfach so nebenbei entstehen lässt.

Mittlerweile hat sich meine sorgfältige Sicht darauf geändert. Ich bin immer noch der Meinung, dass Künstler eine besondere Begabung haben. Allerdings glaube ich auch, dass hinter einem krassen Kunstwerk, eine mühevolle Menge aufopfernder Arbeit steckt. Womit wir wieder bei der Ausgangsfrage angelangt wären: woher weiß ich, ob das gut ist, was ich mache?

Neulich habe ich in meinem Lieblings-Podcast “SWR1 Leute” ein Interview mit dem Künstler HA Schult gehört. Er ist vor allem dafür bekannt, aus Müll Kunst zu machen. Sein bekanntestes Werk heißt “Trash People”. 1974 hat er dafür sogar die Abfälle von Kaiser Franz (Beckenbauer) verwendet. In dieser Folge sagte er: “Wenn ein Künstler über 50-60 Jahre ein Ziel und eine Strategie hat und diese realisiert, dann ist das ein kulturpolitischer Vorgang, aufgrund dessen er das Recht hat, der Erste gewesen zu sein.” Es braucht also einen Künstler, um Kunst zu erschaffen. Laut dem Duden ist ein Künstler eine Person, die Kunstwerke hervorbringt und über besondere Begabungen verfügt. Künstler und Kunstwerk bedingen sich also gegenseitig.

Ich glaube, dass Kunst vor allem dadurch „gut“ wird, wenn andere Menschen, es dafür halten. Diese Haltung festigte sich bereits im damaligen Deutschunterricht, als wir oftmals intratextuelle Interpretationen zu prägender Prosa und gewagten Gedichten anstellten, von denen ich gelegentlich unumstößlicher Überzeugung war, dass sich der Urheber das niemals gedacht haben konnte. Und Schüler und Lehrer darin mehr sahen, als möglicherweise intendiert war.

Nun bin ich einerseits erleichtert und andererseits aufgewühlt. Erleichtert, weil ich entweder Künstler sein muss, um Kunst zu erschaffen oder zum Künstler werde, weil ich Kunst erschaffe. Das kann mir also niemand absprechen. Was mich allerdings aufwühlt, ist der Umstand, dass Kunst nur dadurch gut wird, wenn andere Menschen etwas darin sehen. Das setzt mich ein wenig unter Druck, da ich mich in meinem Schreiben eigentlich nicht zu sehr davon abhängig machen will, wie es ankommt, sondern mich damit beschäftigen möchte, was mir auf dem Herzen liegt.

Was trotzdem nicht weg sind, sind meine Zweifel daran, ob es gut ist, was ich mache. Ich habe dafür bisher auch noch keine Lösung gefunden. Ein latenter Zweifel wird also immer bestehen bleiben. Solange ich es jedoch schaffe, die Phasen zu nutzen, an denen die Zweifel möglichst klein sind, halten sie mich wenigstens nicht davon ab, kreativ zu werden.

by spaghettihirn, der diesen Text als Kunst betrachtet, weil er darin einige Alliterationen verwendet hat. Wie viele hast du entdeckt?

Bild: Angelina Litvin

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