Zu spät!?

Vanessa. 21. Studiert Sonderpädagogik. Liebt Jesus, Essen und die Fotografie. Verbringt gerne mal einen Tag im Fotolabor. Sucht immer einen Platz an der Sonne. Nachhaltigkeit liegt ihr am Herzen. Bei Flohmärkten kann sie nie weit sein.

Die Anmeldefrist fürs Auslandsjahr?
Schon lange verpasst!

Schnell noch eine Bewerbung für die Uni einwerfen?
Zu spät! Und selbst wenn…. keine Ahnung welchen Studiengang ich nehmen sollte.

Was aus meiner Bewerbung für ein Praktikum wurde?
Eine Absage!

Vielleicht einfach noch ein bisschen Geld verdienen?
Wäre was, aber bisher kam da auch noch nichts zustande!

Und nun?

Da stand ich also, das Abi in der Tasche, das Gehirn im besten Fall vollgepumpt mit Wissen, motiviert und glücklich über die neuen Möglichkeiten, die sich mir boten. Aber irgendwie stand ich direkt vor einer Sackgasse. Schon die Wochen und Monate vor dem Abi zerbrach ich mir, wie wahrscheinlich jede/r SchulabsolventIn, den Kopf darüber, wie es für mich weitergehen soll. Ich fürchtete das große DANACH.

„Ja so irgendwas Kreatives vielleicht“ – meine Standardantwort, wenn schon wieder jemand wissen wollte, was ich nach dem Abi machen will. Ausbildung zur Fotografin? Kunststudium? Grafikdesign? Kommunikationswissenschaften? Diese Dinge interessierten mich zwar, aber überzeugt war ich nicht. Also hieß es weitersuchen. Das Bewerbungsgespräch, von dem ich dachte, dass es etwas werden könnte, ging leider völlig in die Hose und nahm mir nicht gerade die Angst vor möglichen weiteren Gesprächen. Ich ging auf Ausbildungsmessen, sprach mit sämtlichen Leuten, googelte, las Flyer, Uni-Webseiten… Ich fragte meine Eltern, Freunde, Großeltern. Ich fragte Gott.

Trotzdem stand ich am letzten Tag des Schuljahres noch immer ohne Plan da. Für mich stellte dieser Tag die Deadline dar, an der ich eigentlich alles geregelt haben sollte. Vor zwei Monaten endeten jegliche Fristen für Studium, Ausbildung, Auslandsjahr und FSJ. Ich bin zwar spontan, aber was ich am wenigsten wollte, war planlos in die „Ferien“ zu gehen, um dann im September, wenn alle ihre neuen „Lebensabschnitte“ beginnen würden, immer noch vor mich hin zu dümpeln.

Ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass ich nicht die einzige bin, der es so ging. Was ich wollte, war herauszufinden, welchen Beruf Gott für mich vorgesehen hatte. Leider kam die Antwort nicht dann, wann ich sie erhofft hatte. Stattdessen kam sie an genau diesem allerletzten Tag.

Womöglich würde es zu lange dauern, das genau zu erzählen. Deshalb die Kurzfassung: Beim Grillabend am letzten Tag bekam ich mit, dass die Schule für SchülerInnen mit körperlicher Behinderung in meinem Ort noch genau eine FSJ-Stelle hatte. Ich kannte die Schule aus vielen Erzählungen von meinem Vater, der dort zwei Jahre lang seinen Zivildienst geleistet hatte. Nachdem ich mich noch am selben Tag beworben hatte, wurde ich am Darauffolgenden spontan zum (gefürchteten) Bewerbungsgespräch eingeladen. Einen Tag später hatte ich die Stelle.

Fast zwei Jahre lang bekam ich keine Antwort auf meine Gebete und dann plötzlich war innerhalb von drei Tagen alles klar. Das Jahr an dieser Schule war vermutlich das Beste, was Gott mir hätte geben können. Ich hatte vorher nie darüber nachgedacht, einen Beruf in diese Richtung einzuschlagen, doch nach meinem FSJ war klar, was ich studieren sollte: Sonderpädagogik.

Ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass Gott mir an diesem letzten Tag des Schuljahres gezeigt hat, was meine Berufung ist. Wäre es nicht meine eigene Erfahrung, würde ich solche „Geschichten“ wohl als „romantisch“ abstempeln, aber glücklicherweise kann ich sagen, dass ich selbst erfahren durfte, dass Gott wirklich keinen Tag zu spät kommt.

Genauso wie ich euch mit meiner Erfahrung dazu ermutigen will, Gott zu vertrauen, ist es auch für mich eine Erinnerung. Während ich das hier schreibe, fällt mir erst wieder auf, wie Gott mich leitet und dass ich damit rechnen darf, dass er meine Fragen, Gebete, Vorwürfe und Bitten hört und beantwortet. Manchmal, wenn ich daran zweifle, dass Gott mir überhaupt eine Antwort geben wird, ist der Rückblick ein Segen.

Weil ich rückblickend sehen kann, wo Gott in meinem Leben war.
Weil ich sehen kann, wie er mir geantwortet hat, was aus früheren Fragen wurde.
Und weil ich sicher sein kann, dass er das wieder tun wird.

Rückblickend weiß ich auch, was Gott mir durch dieses Erlebnis zeigen wollte.

Er kommt nicht zu spät.


Danke an Jean-Philippe Delberghe für das Foto auf Unsplash.

Kommentar verfassen